Pläne für die Grundschulen:Ganztagsschule à la CSU

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Mittagsbetreuung in den Schulen: Manchmal stehen nicht mal geeignete Räume zur Verfügung. (Foto: Robert Haas)

Ganztagslehrer sollen bessere Arbeitsbedingungen bekommen - zu Lasten der Halbtagsklassen. So sieht es ein Konzept vor, das eine CSU-Projektgruppe für die Betreuung von Grundschülern erarbeitet hat. Doch darüber muss erst entschieden werden.

Von Tina Baier, München

Die CSU-Fraktion will an diesem Mittwoch einen Beschluss zur Ganztagsbetreuung in der Grundschule fassen. Grundlage sind die Ergebnisse der CSU-Projektgruppe Ganztag, unter dem Vorsitz von Kerstin Schreyer-Stäblein und Gudrun Brendel-Fischer, die der Süddeutschen Zeitung vorliegen.

Dass sich die CSU jetzt so intensiv mit dem Thema Ganztag befasst, hat unter anderem damit zu tun, dass Ministerpräsident Horst Seehofer in seiner Regierungserklärung versprochen hat: "Bis 2018 gibt es in allen Schularten für jede Schülerin und jeden Schüler bis 14 Jahre ein bedarfsgerechtes Ganztagsangebot". Grundsätzlich ist den Mitgliedern der Projektgruppe wichtig, dass es in Bayern auch weiterhin eine Wahlmöglichkeit zwischen Ganztag und Halbtag gibt. Wie bisher soll es auch weiterhin verschiedene Formen der Ganztagsbetreuung geben, also Mittagsbetreuungen, Horte sowie offene und gebundene Ganztagsklassen. "Die Kommunen und die Schulfamilie sollen Wahlfreiheit haben zu entscheiden, welche Art von Ganztag passgenau ist", sagt Schreyer-Stäblein. Ihr Konzept will die Vorsitzende als "Vorschlag an die Fraktion" verstanden wissen.

Ausbauhindernisse beseitigen

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Als ersten Punkt sieht das Konzept vor, "Ausbauhindernisse" zu "beseitigen". Eines der Haupthindernisse ist nach Ansicht der Arbeitsgruppe das so genannte Verbot der Klassenmehrung. Es bedeutet, dass Schulen Ganztagsklassen nur dann einrichten dürfen, wenn dadurch die Anzahl der Klassen insgesamt nicht ansteigt. Dieses Verbot muss nach Ansicht der Mitglieder der Arbeitsgruppe fallen. Als weitere Hindernisse sehen die Mitglieder des CSU-Arbeitskreises aber auch eine "Blockadehaltung von Lehrkräften" und eine "Blockadehaltung von Schulleitungen". Beides müsse aufgebrochen werden, heißt es in dem Eckpunktepapier.

Um Lehrer und Schulleitungen für den Ganztag zu gewinnen, sollen deren Arbeitsbedingungen an den Schulen verbessert werden. Unter anderem sollen Arbeitsplätze für Lehrkräfte an Schulen geschaffen werden, etwa indem Silentium- oder Bibliotheksräume umfunktioniert werden. Außerdem schlägt die Arbeitsgruppe vor, besondere Belastungen der Ganztagslehrer zu berücksichtigen. Konkret könnte sich die Projektgruppe vorstellen, die Pflichtstunden für Lehrer zu erhöhen, die "im Durchschnitt gesehen über eine bestimmte Zeit kleinere Klassen unterrichten" oder "die nicht im Ganztag eingesetzt werden möchten". Zusätzlich solle die Lehrerausbildung bevorzugt an Ganztagsschulen verlagert werden, vermutlich weil dort dann mehr Referendare zur Verfügung stehen, die Stunden übernehmen können.

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Präsenz der Lehrer

Weil Ganztagsklassen nicht nur für die Lehrer sondern auch für die Schulleitungen mehr Arbeit bedeuten, sollen "Ganztagsschulleiter zusätzliche "Anrechnungsstunden" bekommen, in denen sie nicht unterrichten müssen, sondern sich um die Organisation des Ganztagsbetriebs kümmern können. Außerdem solle vermieden werden, dass Leiter einer Ganztagsschule zusätzlich eine Klassenleitung übernehmen müssen. Die Arbeitsgruppe schlägt außerdem vor, dass Ganztagsschulen von Seiten der Regierungen verstärkt unterstützt werden müssen.

"Noch vertieft zu diskutierende Eckpunkte" sind dem Papier zufolge die Präsenzpflicht der Lehrer am Nachmittag auszuweiten, etwa in Form einer "Verpflichtung des gesamten Kollegiums zur Nachmittagspräsenz an einem Tag, um Teamabsprachen zu ermöglichen". Oder der "Schaffung einer Anwesenheitsgarantie an jeder Schule von Montag bis Donnerstag".

Betreuungszeiten passen nicht zu den Arbeitszeiten

Diskussionsbedarf besteht nach Ansicht der Projektgruppe auch noch darüber, ob die Betreuungszeit der Ganztagsschüler, die bisher nur eine Nachmittagsbetreuung von Montag bis Donnerstag vorsieht, auf "den 5. Tag", also den Freitag, ausgeweitet werden soll. Berufstätige Eltern beklagen außerdem immer wieder, dass sie die Betreuung der Kinder in den Ganztagsklassen, die maximal bis 16 Uhr vorgesehen ist, nicht mit ihrer Vollzeitarbeit vereinbaren können. Ein weiterer Kritikpunkt ist, dass für Ganztagsschüler oft keine Ferienbetreuung angeboten wird. Bei all diesen Punkten sieht die CSU-Projektgruppe immerhin Diskussionsbedarf. Genauso wie bei der Frage, ob die Mittel für den Ausbau von Ganztagsklassen aufgestockt werden sollen.

Noch nicht diskutiert wurden dem CSU-Papier zufolge weitere Punkte, von denen einige extrem heikel sind. Dazu gehört die Frage, ob die von Eltern organisierten Mittagsbetreuungen "in schulische Verantwortung" überführt werden sollen und wie die Qualität des Betreuungspersonals gesteigert werden kann. Nach Angaben der CSU besuchen im laufenden Schuljahr etwa 97 000 Schüler im Freistaat eine Mittagsbetreuung. 78 000 gehen in eine Kindertageseinrichtung, also etwa einen Hort. 84 000 besuchen eine Offene Ganztagsschule, an der sie vormittags unterrichtet werden und nachmittags ein anderes Team die Betreuung übernimmt. Mit etwa 66 000 Schülern der geringste Anteil geht in eine gebundene Ganztagsklasse, in der sich sowohl vormittags als auch nachmittags Lern- und Erholungsphasen abwechseln.

© SZ vom 04.06.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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