Missbrauchsskandal:Eine Geste der Demut von Kardinal Müller wäre das Mindeste

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Kardinal Gerhard Ludwig Müller verweigert eine Entschuldigung im Missbrauchsskandal - und fordert selbst eine ein. (Foto: dpa)

Wie der ehemalige Bischof von Regensburg mit den Ungeheuerlichkeiten bei den Domspatzen umgeht, ist selbstherrlich und arrogant.

Kommentar von Sebastian Beck

Entschuldigung - ein solches Wort ist weder dem greisen Ex-Domkapellmeister Georg Ratzinger noch dem früheren Regensburger Bischof Gerhard Ludwig Müller über die Lippen gekommen. Dabei wäre eine Geste der Demut das Mindeste, was man von den beiden erwarten könnte, angesichts der Ungeheuerlichkeiten, die im Abschlussbericht zum Missbrauchsskandal bei den Regensburger Domspatzen aufgelistet werden: bis zu 700 Opfer von Gewalt zwischen 1945 und den Neunzigerjahren.

Unter Müllers Nachfolger Rudolf Voderholzer hat die katholische Kirche in Regensburg endlich gehandelt und ihren dunklen Keller ausgeleuchtet. Den Schaden, den Leute wie Müller und Ratzinger angerichtet haben, wird sie aber auch mit Schmerzensgeld kaum wieder gutmachen können. Müller hat zwar mit den Vorgängen bei den Domspatzen nichts zu tun, seine Reaktion darauf war aber typisch: Er tat die Gewaltexzesse als Einzelfälle ab, die von den Medien auch noch aufgebauscht worden seien - eine Vorgehensweise, die darauf zielt, den isolierten Opfern sogar noch eine Art Mitschuld an den Taten zuzuschieben.

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In der Aufarbeitung des massenhaften Missbrauchs bei den Regensburger Domspatzen würden "Falschaussagen und falsche Informationen" verbreitet, sagt der Kardinal.

Selbst jetzt weist Müller alle Versäumnisse bei der Aufarbeitung von sich. Geradezu kurios wirkt es, dass er nun seinerseits eine Entschuldigung von Johannes-Wilhelm Rörig, dem Missbrauchsbeauftragten der Bundesregierung, fordert. Der hatte es gewagt, seine Hochwürdigste Eminenz zu kritisieren. Diese selbstherrliche und arrogante Reaktion entspricht genau seinem Stil, mit dem er schon als Bischof die Menschen in Regensburg aus der Kirche getrieben hat. Müller glaubt allem Anschein nach, dass er sich vor niemanden rechtfertigen muss. Und ausgerechnet ihn hatte Papst Benedikt XVI. 2012 als obersten Glaubenshüter nach Rom geholt.

Und ausgerechnet Georg Ratzinger, dem Bruder des Papstes, wird im Abschlussbericht ein eigenes Kapitel gewidmet - als Schläger und Choleriker. In Regensburg zeigte sich die katholische Kirche lange von ihrer schlechtesten Seite.

Zum Glück ist Benedikt XVI. emeritiert, zum Glück hat sein Nachfolger Franziskus Kardinal Ludwig Müller vor die Tür gesetzt. Und zum Glück haben die Domspatzen längst einen klaren Schnitt gemacht. Das ist kein Happy-End, aber vielleicht ein kleiner Trost.

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