Prozess:Mann lässt fremde Oldtimer versteigern

Lesezeit: 2 min

  • Ein Mann steht in München vor Gericht, weil er zwei Oldtimer versteigert haben soll, die ihm nicht gehörten.
  • Dass sein früherer Freund, der Besitzer der Autos, nichts von der Auktion gewusst habe, bestreitet der Angeklagte.
  • Die Staatsanwaltschaft legt ihm veruntreuende Unterschlagung in zwei Fällen zur Last.

Von Andreas Salch, Miesbach

Beim Anblick solcher Schätze geraten Oldtimer-Liebhaber ins Schwärmen: Wer einen Rolls Royce Phantom Springfield Open Tourer, Baujahr 1928, und dazu noch einen Bentley Speed Six Tourer, Baujahr 1929, sein Eigen nennen darf, der besitzt nicht einfach nur irgendwelche Autos. Der Wert des Bentley wird auf bis zu 2,1 Millionen Euro taxiert, der des Rolls Royce auf rund 270 000 Euro.

Doch solche Liebhaberstücke können auch Männerfreundschaften kosten. Denn Edgar B., selbständiger Ingenieur, hat die Fahrzeuge seines Freundes Ende 2012 in der Pariser Dependance eines britischen Auktionshauses versteigern lassen - und zwar angeblich ohne Wissen und Erlaubnis des Eigentümers. Seit Dienstag sitzt B. dafür auf der Anklagebank am Landgericht München II. Die Staatsanwaltschaft legt ihm veruntreuende Unterschlagung in zwei Fällen zur Last.

Ein Bentley wie dieser kostet viel, auch wenn die Auktion nur ein Drittel des geschätzten Preises brachte. (Foto: Bonhams)

Edgar B. bedauert die Sache ungeheuer, wie er über seine Verteidigerin Annette von Stetten zum Auftakt der Verhandlung erklären ließ. Dass sein früherer Freund nichts von der Auktion in Paris gewusst habe, bestreitet er aber. Den Erlös aus der Versteigerung hat der 56-Jährige in seine marode Firma in Nürburg gepumpt, in der er Motoren für den Autorennsport entwickelte. Über den Motorsport hatte Edgar B. auch den Eigentümer der beiden Oldtimer kennengelernt.

Der Besitzer soll nichts geahnt haben

Den Ermittlungen der Polizei zufolge wollte dieser seine beiden Autos tatsächlich verkaufen. Im Juli 2012 hatte er Edgar B. deshalb für beide Fahrzeuge die originalen Papiere zukommen lassen, damit der sie potenziellen Käufern zeigen könne. Für den Rolls Royce habe er bereits einen russischen Interessenten an der Hand, soll B. behauptet haben. Doch den Interessenten gab es womöglich gar nicht.

Ende November 2012 ging dann alles ganz schnell. Edgar B. soll den Bentley kurzerhand bei der Zulassungsstelle des Landratsamts Miesbach angemeldet haben, und zwar auf seinen eigenen Namen. Sein Freund soll als Eigentümer des Autos von all dem nichts geahnt haben. Da Edgar B. sich nach wie vor in einer finanziellen Klemme befand, soll er knapp drei Wochen später mit einem Bekannten einen Verwertungsvertrag geschlossen haben. Darin habe er erklärt, er sei der Eigentümer des Bentley und übertrage den Wagen seinem Bekannten als Sicherheit für ein Darlehen in Höhe von 300 000 Euro.

Anfang Februar 2013 kamen der Bentley und der Rolls Royce schließlich in Paris unter den Hammer. Das Interesse potenzieller Käufer soll sich allerdings in Grenzen gehalten haben. Für jeden Wagen wurde jeweils nur ein Gebot abgegeben. Der Bentley ging für gerade einmal 644 463 Euro und 40 Cent an einen neuen Eigentümer. Der Rolls Royce wurde für knappe 100 000 Euro an einen Bieter verhökert. Der Prozess am Landgericht München II wird fortgesetzt.

© SZ vom 08.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: