Landwirtschaft:Der Coup mit den Kups

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60 Kubikmeter Hackschnitzel pro Hektar, die etwa aus Pappeln gewonnen werden, liefern die jährliche Wärmeenergie für drei Einfamilienhäuser. (Foto: LWF)

Kurzumtriebspalantagen liefern schnell und lukrativ Energieholz, doch die Bauern zögern

Von Christian Sebald, München

Gerhard Stix ist Pionier. Denn der Ackerbauer aus Altdorf bei Landshut pflanzt auf seinen Feldern nicht nur Weizen und Mais an. Stix ist einer der wenigen Landwirte in Bayern, die Holz anbauen, genauer gesagt: Energieholz. Vor drei Jahren hat der 46-Jährige auf einer knapp drei Hektar großen, vormaligen Wiese eine Kurzumtriebsplantage oder Kup mit schnell wachsenden Pappeln angelegt. Nächstes Jahr wird er die ersten Bäumchen umschneiden und zu Hackschnitzeln verarbeiten. Ungefähr 60 Kubikmeter Hackschnitzel pro Hektar, so hat Stix es ausgerechnet, wird er von da an jedes Jahr ernten können. Vom Heizwert her entspricht das fast 6000 Litern Heizöl. So viel also, wie drei Einfamilienhäuser im Jahr brauchen. "So eine Kup ist eine feine Sache", freut sich Stix. Viele Experten sehen das genauso. Sie prophezeien den Kups eine große Zukunft.

Die Krux ist nur: Bislang kommen die Kups nicht recht voran. Auf gerade mal 2000 Hektar summieren sich die Plantagen im Freistaat - bei 3,1 Millionen Hektar Agrarland insgesamt ist das so gut wie nichts. Dabei bezifferten Fachleute ihr Potenzial schon vor Jahren auf 50 000 Hektar - ohne dass dafür ein Acker oder eine Weide aufgegeben werden müsste. Nun will Forstminister Helmut Brunner (CSU) die Bauern ermuntern, mehr Kups anzulegen. Zentraler Baustein der Offensive ist "Kupscout" - eine internetbasierte Gebietskulisse von Bayern, die speziell auf Kups ausgerichtet ist. Unter www.kupscout-bayern.de können Interessenten alle möglichen Karten und Daten abrufen und so abklären, ob sich so eine Plantage für sie rentiert. Auch die Beratung an den Landwirtschaftsämtern wird intensiviert.

Denn auch Forstminister Helmut Brunner (CSU) hält Kups für eine feine Sache. Und zwar nicht nur, weil die Holzplantagen "einen wertvollen Beitrag für eine nachhaltige und umweltschonende Energieversorgung leisten können", wie er sagt. "Schließlich ist die Energieausbeute in modernen Hackschnitzelöfen sehr hoch und der Schadstoffausstoß sehr gering." Sondern, weil sie neue regionale Wirtschaftskreisläufe erschließen. Der Altdorfer Kups-Pionier Stix wird die Hackschnitzel von seiner Plantage nur in der Region um Landshut verkaufen. Kups sind aber auch eine umweltfreundliche Form der Landwirtschaft - zumindest im Vergleich zum intensiven Ackerbau. Denn auf Kups werden weder Dünger noch Pflanzenschutzmittel eingesetzt. Deshalb sind sie ein wertvoller Lebensraum für allerlei Insekten und Vögel bis hin zu Feldhasen und anderen Wildtieren, die auf dem Land immer seltener werden. In Regionen mit gigantischen Feldgrößen, wie sie in Niederbayern sehr häufig anzutreffen sind, bringen sie außerdem ein wenig Vielfalt in das Landschaftsbild.

Außerdem können Kups eine Entlastung für die Wälder sein. Denn die Nachfrage nach Energieholz ist inzwischen so groß, dass in den Forsten Bäume längst nicht mehr nur um der Stämme willen gefällt werden. Sondern auch ihr gesamtes Astwerk und die Kronen mit ihrem Laub oder den Nadeln zu großen Haufen zusammengekarrt und zu Hackschnitzel verarbeitet werden. Letzteres aber blieb früher einfach in den Wäldern liegen, verrottete dort und sorgte so dafür, dass die Waldböden ausreichend mit Nährstoffen versorgt wurden. "Die Holznutzung in unseren Wäldern hat inzwischen ein Niveau erreicht, das nicht mehr weiter nach oben geschraubt werden kann", sagt Herbert Borchert von der Landesanstalt für Forstwirtschaft. "Wenn wir in Zukunft mehr Energieholz haben wollen, sind die Kups deshalb eine große Chance."

Warum aber sind die Bauern dann so zögerlich? Der wohl wichtigste Grund ist das Geld. Vor allem in Biogas-Regionen können die Kups von den Erlösen her nicht mit Maisäckern konkurrieren. Kein Landwirt wird einen fetten Maisacker in eine Kup umwandeln. Auch die Plantage von Bauer Stix war früher eine eher magere, feuchte Wiese. Das ist auch der Grund, warum viele Naturschützer gegen Kups sind - trotz ihrer ökologischen Vorteile. Sie befürchten, dass die letzten Lebensräume für Wiesenbrüter und andere bedrohte Tier- und Pflanzenarten verloren gehen, wenn die Bauern nun auch noch die letzten einigermaßen naturbelassenen Wiesen in Kups umwandeln.

© SZ vom 13.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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