Asylbewerber:Mit Billigjobs werden Flüchtlinge nur ruhiggestellt

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Flüchtlinge lernen die Arbeit mit einem Schweißbrenner. (Foto: dpa)

Zwar ist es sinnvoll, Asylbewerbern Jobs anzubieten, damit sie die Sprache lernen und ihr Tag strukturiert ist. Eine Maßnahme zur Integration sind sie nicht.

Kommentar von Dietrich Mittler

Natürlich kann niemand dagegen sein, dass in Bayern für Asylbewerber mehr sinnvolle Arbeitsgelegenheiten geschaffen werden. Und natürlich ist das für diese Menschen eine Chance, mit Deutschen in Kontakt zu kommen und sich so im Alltag Sprachkenntnisse zu erwerben. Aber warum fällt das der Staatsregierung erst jetzt ein?

Die Antwort: Nicht zuletzt deshalb, weil sie hartleibig darauf setzte, Asylbewerber "mit geringer Bleibeperspektive" rauszuekeln, ihnen den Weg zu einer ordentlichen Berufsausbildung möglichst komplett zu verbauen. Um sie am Ende leichter abschieben zu können.

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Kaum auf der Rechnung der CSU-Strategen stand indes, dass viele dieser meist jungen Flüchtlinge nicht einfach wieder gehen, dass viele statt dessen jeglicher Perspektive beraubt auf öffentlichen Plätzen herumlungern, um wenigstens kurzzeitig der verordneten Tristesse in den Asylunterkünften zu entkommen. Nicht auf der Rechnung stand auch, dass diese aus CSU-Sicht eigentlich zu größter Dankbarkeit verpflichteten Individuen plötzlich in gefährlicher Weise aufbegehren, dass sie in den Einrichtungen randalieren, Mobiliar zertrümmern, Security-Mitarbeiter und Polizeibeamte angreifen.

Freilich mag da bei etlichen der Randalierer hohe kriminelle Energie mit im Spiel sein, aber der überbordende Frust, der sich nun immer häufiger extrem anmutende Ventile sucht, ist mit ein Produkt der bayerischen Asylpolitik. Einer Politik, die Gefahrenherde zu schaffen droht.

Spät, hoffentlich nicht zu spät, kommt nun die von Innenminister Herrmann präsentierte Lösung daher, auch Flüchtlingen mit geringer Bleibeperspektive Beschäftigung und geordnete Tagesstrukturen anzubieten. Aber ist das tatsächlich eine tragfähige Lösung - eine, die auch eine Antwort auf den hiesigen Fachkräftemangel wäre? Nein - Minister Herrmann hat ausdrücklich betont, dass diese mit nur 80 Cent pro Stunde vergüteten Jobs nicht als Integrationsmaßnahme zu verstehen sind. Es geht hier darum, Leute ruhigzustellen. Bis zu ihrer Abschiebung.

© SZ vom 11.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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