Kompromiss zur Energiewende:Berechne: 2 - x = 2

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Keiner weiß, was die Erdverkabelung kosten wird, die nun kommen soll. (Foto: Julian Stratenschulte/dpa)

Im Streit um die Stromtrassen haben Wirtschaftsministerin Aigner und Ministerpräsident Seehofer viele Erwartungen geweckt. Entsprechend groß ist nun die Enttäuschung.

Kommentar von Christian Sebald

Es ist exakt fünf Monate her, dass Ilse Aigner am Ende ihres groß inszenierten Energiedialogs die Formel "zwei minus x" verkündet hat. Damit meinte die Wirtschafts- und Energieministerin: Von den beiden heftig umstrittenen Stromtrassen aus Norddeutschland nach Bayern lassen sich eine oder sogar alle zwei verhindern, je nachdem, wie hartnäckig Horst Seehofer in Berlin verhandelt. Das war ein geschicktes Passspiel von Aigner. Der Ministerpräsident hatte sich damals schon längst an die Spitze des zigtausendfachen Protests gegen die Stromautobahnen gesetzt - allen Experten zum Trotz, die sie für unverzichtbar für die Energiewende halten.

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Deshalb bleibt die Formel "zwei minus x" auch jetzt die Messlatte für Seehofer. Und da ist nichts zu beschönigen: x ist null. Beide Stromautobahnen nach Bayern werden gebaut, da können sich Seehofer und Aigner die Verhandlungsergebnisse so schönreden, wie sie wollen. Sicher ist es ein Erfolg, wenn die Kabel auf weiter Strecke unterirdisch verlegt werden statt auf Masten. Auch dass die Trassen möglichst an bestehenden Fernleitungen geführt werden, ist ein Fortschritt.

Keiner weiß, was das Projekt kostet

Gemessen an der Formel "zwei minus x" sind es aber Kleinigkeiten. Was im Bewusstsein der vielen Tausend Trassengegner bleiben wird, ist Aigners Ankündigung "zwei minus x" - und dass Seehofer dies nicht eingelöst hat.

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Zumal die Beschlüsse zahlreiche Unwägbarkeiten enthalten. Zwar sagt Aigner, die Erdverkabelung koste elf Milliarden Euro. Aber keiner weiß wirklich, wie viele Milliarden es am Ende sind. Klar ist nur, die Rechnung zahlen die Stromkunden. Auch der Streit um die Trassen ist mitnichten beendet. Im Gegenteil: Die Beschlüsse erfolgen erst in einem zweiten Schritt, nun werden nur neue Vorschläge erarbeitet. Bei der Süd-Ost-Passage wurde sogar ein neuer Kampfplatz eröffnet. Sie endet nun womöglich bei Landshut. So sehr das ihre Gegner in Franken oder Schwaben erleichtern mag, in Niederbayern und der Oberpfalz ruft es neue auf den Plan.

© SZ vom 03.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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