Klinikum Bamberg:Chefarzt wegen Vergewaltigung angeklagt

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Haupteingang des Klinikums Bamberg: Ehemaliger Chefarzt wurde wegen Vergewaltigung angeklagt. (Foto: dpa)
  • Ein Chefarzt am Klinikum soll Patientinnen narkotisiert und dann sexuell missbraucht haben. Als Vorwand soll ihm eine angebliche wissenschaftliche Studie gedient haben.
  • Nun hat die Staatsanwaltschaft Anklage erhoben, unter anderem wegen Vergewaltigung und gefährlicher Körperverletzung.
  • Der Beschuldigte verteidigt sich, sein Vorgehen habe tatsächlich wissenschaftlichen Zwecken gedient.

Von Annette Ramelsberger

Warum die Staatsanwaltschaft Anklage erhoben hat

Der Chefarzt galt als Koryphäe auf seinem Gebiet. Ein Gefäßchirurg, bundesweit bekannt, geschätzt am Klinikum Bamberg, wo er seit neun Jahren Dienst tat. Beliebt in der Stadt, ein angesehener Bürger. Einfühlsam sei er gewesen, schwärmen frühere Patienten. Und auch er selbst kann nichts Schlechtes an seinem Tun finden.

Alles, was er getan hat, sei wissenschaftlich begründet, lässt er seinen Anwalt erklären. Doch nun muss sich Heinz W., 48, Familienvater, demnächst vor Gericht verantworten. Die Staatsanwaltschaft Bamberg hat Anklage gegen ihn erhoben. Sie wirft ihm vor, 13 junge Frauen narkotisiert und dann sexuell missbraucht zu haben. Unter dem Deckmantel der Wissenschaft.

Vergewaltigungen im Klinikum Bamberg
:Chefarzt soll zwölf Frauen missbraucht haben

Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass sich ein Chefarzt am Klinikum Bamberg an zwölf Frauen sexuell vergangen hat. Dazu hat sie mehr als eine Million Bilder ausgewertet, die der Arzt auf seinem Computer hatte.

Von Olaf Przybilla

Wie der Chefarzt vorgegangen ist

Der Arzt hatte den Frauen erklärt, er habe eine Studie über Venenleiden mit den Frauen machen wollen. Doch diese Studie hat es nie gegeben. Und es ist auch erstaunlich, dass diese Studie nur junge, 17 bis 28 Jahre alte, sehr schlanke Frauen umfasst haben soll. So sehen die 13 Frauen aus, deren Bilder die Polizei auf dem Computer des Arztes gefunden hat. Denn der Arzt hat seinen Missbrauch filmisch dokumentiert.

Die Staatsanwaltschaft wirft ihm nun neben Vergewaltigung, sexueller Nötigung und gefährlicher Körperverletzung auch die Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs durch Bildaufnahmen vor. Der Arzt hatte den Frauen nach Erkenntnissen der Staatsanwaltschaft ein hochwirksames Narkotikum gespritzt, das innerhalb einer Minute zu Willenlosigkeit und Gedächtnisverlust führt. Die Frauen wurden erst durch die Polizei informiert, dass sie missbraucht worden waren. Man hatte Bilder von ihnen auf den Rechnern des Arztes gefunden.

Wie der Angeklagte den Vorwürfen widerspricht

Heinz W. ließ über seinen Anwalt Dieter Widmann schon im Herbst erklären, es tue ihm leid, dass die Frauen in einen Missbrauchsfall hineingezogen würden. Er streitet aber jede Schuld ab und erklärt, die Frauen hätten sich bereit erklärt, dass ihre Behandlung fotografisch dokumentiert wird. Auch die Untersuchungen hätten nur wissenschaftlichen Zwecken gedient.

Die Staatsanwaltschaft hat dazu einen Gutachter beauftragt, den Würzburger Rechtsmediziner Dieter Patzelt, dessen Gutachten offenbar vernichtend ausfällt für die wissenschaftlichen Erklärungen des Arztes.

Auf 94 Seiten hat die Staatsanwaltschaft ihre Vorwürfe gegen den früheren Chefarzt ausführlich aufgelistet. "Wir haben uns mit jeder einzelnen Einlassung des Beschuldigten auseinandergesetzt. Wir haben seine Angaben nicht einfach vom Tisch gewischt", erklärt Bardo Backert, der Leiter der Staatsanwaltschaft Bamberg der SZ. "Wir mussten tief einsteigen in die Materie, sonst ist man überwältigt von der Kompetenz dieses Herrn. Der Beschuldigte ist auf der einen Seite eine Koryphäe, auf der anderen Seite zeigen sich bei ihm die Abgründe menschlichen Daseins."

Woher die Opfer kamen

Der beschuldigte Arzt hatte neben zehn Patientinnen auch eine Frau aus seinem privaten Umfeld und zwei Mitarbeiterinnen des Klinikums missbraucht. Als eine Medizinstudentin sich nach der angeblichen Untersuchung nicht mehr erinnern konnte, was geschah, wurde sie misstrauisch und ließ ihr Blut untersuchen. Darin fand sich eine hohe Menge des Narkotikums. Durch ihre Anzeige waren die Ermittlungen ins Rollen gekommen. Die Staatsanwaltschaft wertet die Injektion als "hinterlistigen Überfall".

Der Arzt war im Sommer nach einem Urlaub mit seiner Familie verhaftet worden. Er sitzt seitdem in Untersuchungshaft. Mit einem Beginn des Prozesses wird im April gerechnet.

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