Kabinettsbildung:Die CSU verärgert sogar die CDU mit ihren Personalplänen

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Kommt sie? Die CSU-Bundestagsabgeordnete Dorothee Bär ist als Staatsministerin für Digitales im Gespräch. (Foto: Gregor Fischer/dpa)

Bekommen auch Dorothee Bär und Andreas Scheuer einen Spitzenposten in Berlin? Viele Christdemokraten sind der Meinung, Merkel habe bereits zu große Zugeständnisse gemacht.

Von Wolfgang Wittl

Es war ein klirrend kalter Tag im Januar 2007, als sich sieben Bundestagsabgeordnete der CSU auf den Weg zu Deutschlands höchstem Berg machten. Alle jünger als 40 Jahre, alle mit der Botschaft, der bayerische Ministerpräsident und CSU-Chef Edmund Stoiber müsse im Amt bleiben. Ihr Ziel hat die Seilschaft bekanntlich nicht erreicht, doch eines ist geblieben: der Wille, sich auch beim weiteren Aufstieg gegenseitig kräftig unterzuhaken. Gut zehn Jahre später kann man festhalten, dass der sogenannte Zugspitzkreis in der CSU-Landesgruppe weit vorangekommen ist.

Abgesehen von Karl-Theodor zu Guttenberg, dessen Gipfelanstieg und Talfahrt rasanter vonstattengingen als in jedem normalen politischen Leben, erklimmen die weiteren sechs Mitglieder der Gruppe gerade Schritt für Schritt ihre nächste Karrierestufe: Der Innenpolitiker Stephan Mayer und die verkehrspolitische Sprecherin der Unionsfraktion, Daniela Ludwig, werden als Staatssekretäre gehandelt. Alexander Dobrindt ist Chef der CSU-Landesgruppe, Stefan Müller deren parlamentarischer Geschäftsführer. Und bei Dorothee Bär und Andreas Scheuer, den beiden Verbliebenen aus dem Septett, entscheidet sich an diesem Montag, ob es im vierten Kabinett von Angela Merkel für ein Ministeramt reicht.

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Seehofer will die Ministerkandidaten am Montag bekanntgeben

Am Freitag meldete der Spiegel, die CSU habe einen Ausweg aus ihrem Personaldilemma gefunden. Neben Parteichef Horst Seehofer, der als Bundesinnenminister gesetzt ist, hatte es ja drei weitere Anwärter gegeben - allerdings für nur zwei Posten. Generalsekretär Scheuer, Verkehrsstaatssekretärin Bär und Entwicklungsminister Gerd Müller rangelten seit Wochen um das Verkehrs- und das Entwicklungsressort. Die Lösung: Die CSU sollte einfach einen weiteren Vorzeigejob bekommen.

Demnach soll Scheuer Verkehrsminister werden, Müller Entwicklungsminister bleiben und Bär im Kanzleramt zur Staatsministerin für Digitales befördert werden. Seehofer soll im Gegenzug bereit gewesen sein, für sein durch Heimat und Bau aufgewertetes Innenministerium auf die Entwicklung des ländlichen Raums zu verzichten. Diese Abteilung sollte dem Landwirtschaftsministerium unterstellt bleiben, unter Führung von Julia Klöckner (CDU).

Für die CSU wäre es sicher das eleganteste Ende des Personalstreits. Dumm war nur, dass bis zum Sonntag noch gar nichts entschieden war. Die SPD soll sich ziemlich verärgert gezeigt haben über die kolportierten Pläne. Auch in der CDU dürfte keine Begeisterung ausbrechen, sollte die CSU einen weiteren Spitzenposten erhalten. Viele Christdemokraten sind ohnehin der Meinung, Merkel habe bereits zu große Zugeständnisse gemacht. Der CSU-Chef reagierte daher wenig erfreut auf den Bericht.

Im Gespräch mit Merkel ging es offenbar um das Heimatministerium

Die Kanzlerin und er hätten zwar über den Zuschnitt seines Hauses gesprochen, aber "zu keiner Sekunde über Minister gefeilscht", sagte Seehofer am Sonntag der Süddeutschen Zeitung: "Es ist keinerlei Verbindung hergestellt worden zwischen dem Zuschnitt von Ministerien und Personal." Im Gespräch mit Merkel soll es vor allem um das neue Heimatressort gegangen sein. Seehofer sieht seine Aufgabe in der konzeptionellen Koordinierung, zuständig blieben die Fachminister. Im Innenministerium soll sich die Abteilung Heimat um drei Punkte kümmern: Raumordnung, gesellschaftlicher Zusammenhalt, gleichwertige Lebensverhältnisse in Deutschland.

Einig waren sich Seehofer und Merkel darin, dass die infrage kommenden Minister entsprechend ihrer fachlichen Qualitäten eingesetzt werden sollen. Ein deutlicher Hinweis, dass die Digital-Spezialistin Bär durchaus als Staatsministerin im Kanzleramt landen und der Entwicklungs-Fachmann Müller in seinem Ministerium bleiben könnte. Dafür mussten am Sonntag allerdings noch zahlreiche Gespräche geführt werden. Selbst die Betroffenen wollte Seehofer erst am Montag kurz vor der Sitzung des CSU-Vorstands informieren.

Erleichtert zeigte sich die CSU über das klare Ja der SPD zur Koalition. "Das Ergebnis ist eine gute Grundlage für eine stabile Bundesregierung", fand Seehofer. Bayerns Wirtschaftsministerin Ilse Aigner sprach von einer guten Nachricht. Die etablierten Parteien müssten aber "Selbstkritik üben und Wege finden, das Vertrauen der Menschen zurückzugewinnen". Generalsekretär Scheuer forderte von der SPD "Vertragstreue und innere Stabilität". Und der künftige Ministerpräsident Markus Söder sagte, die Regierung müsse "inhaltlich mit Leben gefüllt werden und rasch mit der Arbeit beginnen" - mit welchen CSU-Ministern auch immer.

© SZ vom 05.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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