Grüne in Bayern:Schopper wechselt nach Schwaben

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Pfiad' di, München! Theresa Schopper verlässt die Landeshauptstadt. Die Chefin der bayerischen Grünen wird bei der Landtagswahl 2013 in Schwaben kandidieren. Mit dem Wechsel verschiebt sich auch die Architektur der Partei.

Frank Müller und Katja Riedel

Mit der Heimat, und noch dazu mit der politischen, ist es eine komplizierte Sache. Die Grünen haben Anfang Dezember sogar auf einem eigenen Kongress in Regensburg danach gesucht. Ein kleiner Film lief da zur Hintergrundbeschallung.

Die bayerische Grünen-Chefin Theresa Schopper verlässt München und kandidiert bei der Landtagswahl 2013 in Schwaben. (Foto: Daniel Karmann/dpa)

Die Landesvorsitzende Theresa Schopper hat darin, wie andere auch, ihren Heimatbegriff definiert. Sehr viel über grüne Wiesen und die Schönheiten der Natur war dort zu hören. Und sehr wenig von städtischem Leben, von den kulturellen und landschaftlichen Vorzügen jener Stadt München, in der sie bis Mitte November noch Oberbürgermeisterin hatte werden wollen.

Wer Schopper kennt, konnte da schon mitschwingen hören, dass es die gebürtige Füssenerin weg aus der Stadt zieht, hinaus aufs Land.

Jetzt ist es so weit: Am Freitag bestätigte Bayerns Grünen-Chefin der SZ den ungewöhnlichen Schritt. Die 50-Jährige gibt die Landeshauptstadt und ganz Oberbayern als politisches Standbein auf und wechselt nach Schwaben.

Bislang hatte sie in München den Stimmkreis Altstadt. Zur Landtagswahl 2013 wird es nun der schwäbische Stimmkreis Ostallgäu sein. Dort ist die Führung schon eingeweiht, in München dagegen ist Schoppers Wechsel bislang nur inoffiziell Thema gewesen. Am Freitagabend erklärte sie sich dann doch noch in einer Mail an die Parteifreunde.

Die beschäftigt nun der Wechsel ihrer Chefin, der zwei ganz verschiedene Komponenten hat: einerseits eine sehr private, andererseits verschiebt sich dadurch nun auch die ganze Architektur der bayerischen Grünen. Im Oktober war Theresa Schoppers Mutter gestorben, eben in ihrem Heimatort Füssen.

Das veränderte die Perspektive der Münchnerin: "Wenn man dann das letzte Zimmer ausgeräumt hat", so sagt sie, "dann wird einem klar: Das will ich nicht aufgeben." Nun zieht es sie zurück in ihre alte Heimat, wo sie bis zum Abitur lebte.

Dabei schien Schoppers Politikleben noch bis Mitte November einen ganz anderen Lauf zu nehmen. Bis dahin galt sie als aussichtsreiche Kandidatin für das Amt des Münchner Oberbürgermeisters. Nach dem Ende der Ära Christian Ude machen sich die Grünen Hoffnungen auf den Posten.

Doch dann zog Schopper zurück, ebenfalls aus privaten Gründen: Um nicht die ganze Stadt am Küchentisch regieren zu müssen. Denn ihr Mann, Boris Schwartz, ebenfalls Grünen-Mitglied, soll 2012 die Leitung des Kommunalreferates übernehmen. In München - Schopper steckte also zurück, um ihrem Mann den Weg frei zu machen. Nun hätten beide gemeinsam beschlossen, vereint zu schlagen, aber eben an getrennten Orten.

Doch damit stehen die Grünen nun auch bayernweit am Scheideweg: Bisher gibt es einen klaren Schwerpunkt, nämlich München. Dort kandidierten bislang Fraktionschefin Margarete Bause und Schopper auf Tuchfühlung in den Stimmkreisen Schwabing und Altstadt. Beide sind zugleich die chancenreichsten Bewerberinnen für die Spitzenkandidatur zur Landtagswahl 2013.

Wären beide in Oberbayern geblieben, hätte sich irgendwann die Frage gestellt, wer auf Platz eins der Oberbayernliste kandidiert und wer auf dem nächsten Frauenplatz auf der Liste, auf Nummer drei. So ergibt sich die elegante Lösung, dass Bause in Oberbayern und Schopper in Schwaben jeweils auf Platz eins antreten können.

Jedoch: Die Frage, wer am Ende die bayernweite Nummer eins der Grünen wird als Mitspieler im Wettkampf Seehofer gegen Ude, die wird damit sogar noch spannender.

Denn durch Schoppers Stadtflucht verstärkt sich der Wettkampf zweier Grünen-Profile: Bause verkörpert den städtischen, scharfzüngigen und moderneren Politikertypus, Schopper nun noch stärker das ruhigere, ländlichere, ausgeglichene Element - und damit auch ein wenig die Linie Sepp Daxenbergers, die der Partei nach dem frühen Tod ihres eigentlichen Spitzenkandidaten abgeht.

Dazu kommt, dass sich der Druck auf die Grünen verstärkt, die Personalfrage schneller als geplant zu lösen, vor allem seitdem die Umfragezahlen sinken. Im Wettkampf Ude gegen Seehofer tun sie sich bislang schwer, mitzuhalten - auch weil es die klare Nummer eins bei den Grünen bislang eben nicht gibt.

Gleichzeitig verdrängt Schopper mit ihrem Antritt in Schwaben die dortigen Platzhirsche: Für die Landtagsabgeordneten Christl Kamm und Thomas Gehring wird die Rückkehr ins Maximilianeum schwerer als gedacht, wenn Schopper die Schwaben-Nummer-eins wird.

Ihn habe Schopper "schon vor längerer Zeit" über ihre Pläne informiert, sagt Gehring. Alle drei bisherigen Allgäuer Abgeordneten, zu denen auch noch Adi Sprinkart zählt, seien sich einig, dass sie wieder in den Landtag wollen, sagt Gehring.

Niemand will also zurücktreten. Dennoch sei man optimistisch, mit der Landeschefin im Boot 2013 mehr Stimmen im Allgäu bekommen zu können - genug für vier Sitze im Landtag.

© SZ vom 17.12.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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