Geplante Stromtrasse in Bayern:Seehofer will Energiewende neu verhandeln

Lesezeit: 2 min

Solaranlage in Deutschland: Bayern wehrt sich gegen geplante Stromtrasse (Foto: dpa)

Seehofer Seit an Seit mit empörten Bürgern: Nach Protesten gegen eine neue Stromtrasse - und vor den Kommunalwahlen - kündigt der bayerische Ministerpräsident an, Eckpunkte der Energiewende überprüfen zu wollen. Mahnungen von EU-Kommissar Oettinger, den Netzausbau nicht zu blockieren, geißelt Seehofer als "Geschwätz".

Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) will entscheidende Punkte der Energiewende neu verhandeln. "Ich erwarte, dass die Eckpunkte der Energiewende zum Beispiel beim Thema Netzausbau mit Blick auf die Versorgungssicherheit und die Kosten für die Bürger nochmal überprüft werden", sagte Seehofer der Bild-Zeitung.

In diesen Punkten könne "man nicht einfach sagen: Einmal beschlossen, immer beschlossen". Er wolle auch, "dass die großen Stromtrassen nach Bayern noch einmal auf ihre Notwendigkeit und auf ihre Machbarkeit hin überprüft werden".

Die Betreiber des größten Netzausbauprojektes der Energiewende hatten zuletzt den geplanten Verlauf einer Stromtrasse quer durch Deutschland vorgestellt. Die etwa 800 Kilometer lange sogenannte Suedlink-Verbindung soll ab 2022 Windstrom von Schleswig-Holstein bis nach Bayern und Baden-Württemberg transportieren. Gegen die Nord-Süd-Stromtrasse, die in Bayern durch Franken nach Schwaben verläuft, gibt es in der Bevölkerung jedoch heftigen Widerstand.

CSU-Staatskanzleichefin Christine Haderthauer forderte nach Bürgerprotesten gegen neue Höchstspannungsleitungen ein Moratorium für den Stromtrassenbau in Bayern. Auch Seehofer fordert einen Planungsstopp. Hintergrund dürften auch die Kommunalwahlen in Bayern im März sein.

"Bayern brauchen keine Belehrung"

Kritik aus der EU und der SPD an seinem Kurs wies Seehofer in der Bild zurück. "Wir Bayern brauchen keine Belehrung von irgendjemand", sagte er. Keiner könne "sich mit uns messen, der selber seine Hausaufgaben bei der Energiewende noch nicht gemacht hat". Auch das "Geschwätz" von EU-Energiekommissar Günther Oettinger "und anderen Ortsunkundigen" werde an dieser bayerischen Forderung nichts ändern, sagte Seehofer.

Oettinger hatte am Donnerstag mit Unverständnis auf die Forderung Bayerns reagiert, den Ausbau der Stromtrassen auszusetzen. Die Leitungen seien "notwendig - und zwar sehr schnell", sagte Oettinger.

Nach Bayern signalisierte auch Thüringen Widerstand beim Ausbau der Stromnetze. Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht (CDU) kündigte im Focus an, neue Trassen durch ihr Land zu verhindern. "Weitere Trassen durch Thüringen wären unverhältnismäßig", sagte Lieberknecht. Zwar sei die Energiewende ohne Netzausbau nicht zu haben, sagte Lieberknecht. Der Grundsatz müsse jedoch sein: So umfassend wie nötig, aber so wenig wie möglich. Thüringen hält im September Landtagswahlen ab.

Länder kritisieren bremsende Bayern

Nordrhein-Westfalens Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) kritisierte dagegen im Focus: "Partikularinteressen und Lokalpolitik dürfen die Energiewende nicht gefährden." Hessens Regierungschef Volker Bouffier (CDU) sagte: "Der Bau der Höchstspannungsleitung Suedlink ist nötig, um Deutschlands Strombedarf auch im Süden künftig aus erneuerbaren Energien zu decken." Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) erinnerte daran, dass der Ausstieg aus der Kernenergie bis zum Jahr 2022 politisch entschieden sei. Das von Bayern geforderte Moratorium für den Trassenbau nannte er "nicht nur in der Sache unverständlich, sondern sogar kontraproduktiv für die Versorgungssicherheit Bayerns", sagte er.

Bundeslandwirtschaftsminister Hans-Peter Friedrich (CSU) regte unterdessen an, Höchstspannungs-Stromtrassen durch Deutschland teilweise unter die Erde zu verlegen. Erdkabel sollten "dort ermöglicht werden, wo Bevölkerung und Landschaftsbild besonders beeinträchtigt werden", sagte er der Passauer Neuen Presse. "Das wäre zwar deutlich teurer. Aber die Kosten sollten tragbar sein, wenn man die Kabel lediglich in der Nähe von Siedlungsgebieten unter der Erde verlegen würde."

© SZ.de/AFP/dpa/jasch - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: