Eigenwillige CSU:Willkür- statt Wirtschaftspolitik

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Soziale Marktwirtschaft geht bei der CSU so: In Bayern sozial, ansonsten Marktwirtschaft. Was die Christsozialen in Berlin für richtig halten, lassen sie in Bayern noch lange nicht gelten.

Nico Fried

Der Chef der christsozialen Landesgruppe in Berlin, Peter Ramsauer, hat kürzlich gesagt, Außenpolitik sei schon immer eine Domäne seiner Partei gewesen. Das hat so recht niemand verstanden, weil die CSU die einzige Partei im Bundestag ist, die noch nie einen Außenminister gestellt hat, jedenfalls wenn man die Außenminister der Linken, ehemals SED, in der DDR dazuzählt. In der CSU war zuletzt Karl-Theodor zu Guttenberg formal der Außenpolitiker. Weil der Jungpolitiker aber dort nicht richtig auffiel, ist er jetzt Wirtschaftspolitiker.

Bayerns Ministerpräsident Seehofer und Bundeswirtschaftsminister Guttenberg: In der Wirtschaftspolitik gelten bei der CSU eigene Regeln. (Foto: Foto: ddp)

Trotzdem hat Ramsauer recht. Denn was ein gescheiter CSUler ist, für den sind die Vorgänge ehedem in Bonn und heute in Berlin in Wahrheit Außenpolitik. Seit Franz Josef Strauß vertritt die CSU in einer bundespolitischen Koalitionsrunde bayerische Interessen, so wie Angela Merkel auf einem G-8-Gipfel deutsche vertritt, oder das, was sie dafür hält. Und so wie alle Regierungschefs nach einem solchen Gipfel zu Hause berichten, wie sie sich durchgesetzt haben, so erzählt die CSU in Bayern, wie sie es denen da in Berlin wieder gezeigt hat.

Zur entsprechenden Rollenteilung gehört auch, dass der CSU in Bayern natürlich erlaubt ist, was die CSU im Bund ablehnt. So konnte sich Guttenberg als Skeptiker bei der Opel-Rettung durch die große Koalition produzieren, zumal eine Insolvenz durchaus im bayerischen Interesse gelegen hätte, genauer gesagt in dem von BMW, was er so aber nicht gesagt hat.

Bei Quelle dagegen hilft die CSU, wo sie kann, weil es sich um einen bayerischen Betrieb handelt - und Guttenberg murmelt ein bisschen dazu. Aber ablehnen wird er die Hilfe niemals. Das Kriterium, an dem die CSU ihre Wirtschaftspolitik ausrichtet, ist die Geographie. Und die soziale Marktwirtschaft, über die der Minister gerne redet, geht offenbar so: In Bayern sozial, ansonsten Marktwirtschaft.

Nun wirkt ja die CSU in Berlin nicht allein, sondern in einer sogenannten Union mit der CDU. Und in dieser Union stellt die CSU auch mit die Kanzlerin, was umgekehrt eine gewisse Abhängigkeit Angela Merkels von den bayerischen Freunden bedeutet. Das führt schon in normalen Zeiten zu Problemen, weil es die Union immer zweimal gibt. In der Wirtschaftskrise entsteht daraus eine föderale Wettbewerbsverzerrung, weil Bayern quasi als einziges Bundesland direkt mit in der Bundesregierung sitzt.

Die CDU-Vorsitzende Merkel jedoch wird nichts, aber auch gar nichts unternehmen, um dieser CSU wirklich ernsthaft in die Parade zu fahren, weil sie ihre Kanzlerschaft sonst vergessen kann. Außerdem kommt ihr das christsoziale Doppelspiel insofern zugute, als der Minister Guttenberg, selbst wenn er mal schweigt, immer noch besser für sie ist, als es sein Vorgänger Michael Glos war, wenn er geredet hat.

Die CSU hat die von ihr selbst verursachte Lücke in Merkels Kabinett mittlerweile zu deren Freude gefüllt - wenn auch nicht mit Wirtschafts-, sondern mit Willkürpolitik.

© SZ vom 26.06.2009/dmo - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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