Campus in Industriebrachen:Wie Söder die Studierenden aus Nürnberg vertrieb

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Früher wurden hier Elektrogeräte hergestellt - dann wollte Markus Söder einen Technik-Campus auf dem früheren AEG-Areal ansiedeln. Doch dazu wird es nicht kommen. (Foto: dpa)

Ein Campus für Geisteswissenschaftler auf dem früheren Quelle-Gelände missfiel dem örtlichen CSU-Chef. Er wollte technische Lehrstühle nach Nürnberg umsiedeln. Jetzt kommt: erstmal nichts.

Kolumne von Olaf Przybilla

Krisen können mitunter Chancen sein. Und so hätte der Niedergang des Versandriesen "Quelle" die Stadt Nürnberg, so merkwürdig das klingen mag, sogar voranbringen können. Und zwar dann, wenn der Freistaat erkannt hätte, dass sich dieses Quartier, die zweitgrößte leer stehende Immobilie der Republik, gut als Unicampus eignen würde.

Zwar nicht für Technische Fakultäten, die brauchen für ihre Instrumente andere Räume als die eines früheren Versandzentrums. Als Campus für die versammelten Geisteswissenschaften der Uni Erlangen-Nürnberg aber hätte der Bau allemal getaugt. Philosophen in einer denkmalgeschützten Ikone der Fünfziger-Jahre-Architektur: cool. Und so nirgends zu finden in Deutschland.

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Von Olaf Przybilla

Es kam anders. Und wenn man nach einem Lehrbeispiel für misslungene Politik in Bayern suchen wollte - der Blick in den Westen Nürnbergs böte sich geradezu exemplarisch an. Nürnberg leidet seit Jahrzehnten darunter, so wenig Studenten wie keine andere deutsche Stadt dieser Größenordnung zu haben. Und so hätte es die Stadt nur zu gerne gesehen, wenn Quelle zum Campus umgewandelt worden wäre. Das scheiterte nicht zuletzt daran, dass für den örtlichen CSU-Boss, Markus Söder, nur Technische Fakultäten für Nürnberg in Frage kommen. Was sind schon Historiker, Germanisten? Mit denen kann man schwer "Innovationsstandort"-Lyrik verbreiten.

Also mussten es Techniker sein, insgesamt 50 Lehrstühle, die von Erlangen nach Nürnberg verlagert werden sollten. Und das wider alle Vernunft: auf das frühere AEG-Areal, gegenüber von Quelle. Warum? Weil der Söder-Plan das so vorsah - die ganz große Nummer, etwas für die politische Ewigkeit. Nach drei Jahren Planung und diversen Verkündigungsorgien ist Söders Plan jetzt geplatzt. Das Areal taugt dafür einfach nicht.

Das Ergebnis: Der Quelle-Bau gammelt weiter vor sich hin. Für die Entwicklung des AEG-Areals wurden drei Jahre verloren. Und als Uni-Standort bleibt Nürnberg bis auf Weiteres belanglos.

Aber könnte man jetzt nicht doch die in zum Teil furchtbaren Quartieren hausenden Geisteswissenschaften im Quelle-Bau zentrieren? Nein. Für die wird längst ein anderer historischer Bau als neue Heimat hergerichtet. In Erlangen.

© SZ vom 02.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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