Bundestagswahl:Eine Stimme für Merkel

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Rechtsanwalt Rainer Roth will durchsetzen, dass er auch als Bayer CDU wählen darf

Interview von Olaf Przybilla, Nürnberg

Rainer Roth, Fachanwalt für Verwaltungsrecht, will CDU wählen dürfen bei der Bundestagswahl. Als ersten Schritt fordert er dies beim Bundeswahlleiter, behält sich aber juristische Schritte vor.

SZ: Warum wollen Sie CDU wählen?

Rainer Roth: Wir stehen vor gewaltigen Aufgaben, in der Flüchtlingspolitik wie bei anderen außenpolitischen Themen. Ich halte Frau Merkel für geeignet, diese Herausforderungen anzunehmen. Wir haben den Brexit, wir haben es womöglich bald mit einem schwer verdaulichen US-Präsidenten zu tun, es gibt fatale Tendenzen innerhalb der EU. In der Situation traue ich Merkel viel mehr zu als allen anderen. Aber in Bayern darf ich sie nicht wählen.

Wenn man fragen darf: Was haben Sie denn bisher gewählt im Leben?

Häufig SPD, aus strategischen Gründen auch FDP und Grüne, auf kommunaler Ebene gelegentlich CSU. Seehofers CSU aber würde ich nicht wählen. Der Stimmenfang bei der AfD sei ihm unbenommen, aber für mich kommt das dann nicht infrage.

Was hat Sie jetzt zu dem Antrag beim Bundeswahlleiter bewogen?

Es treibt mich seit Jahren um, dass ich bei Bundestagswahlen nicht CDU wählen darf. Das ist eine Partei, die im Bundestag vertreten ist. Und ich habe das grundgesetzlich verbriefte Recht auf freie Wahl. In der aktuellen Situation ist das jetzt kulminiert.

Das hat doch kaum Aussicht auf Erfolg.

Also wir leben nicht mehr im Mittelalter, wo man sich auf Gewohnheitsrecht berufen kann. Und dass das alles schon bei den Agilolfingern so gewesen sein soll, möchte ich auch bezweifeln. Gewohnheitsrecht gilt sowieso nicht, wenn eine anderweitige gesetzliche Grundlage vorhanden ist. Und die gibt es: Artikel 38 Grundgesetz, der Grundsatz der freien Wahl. Der bedeutet insbesondere, dass es dem Wähler freigestellt sein muss, welche Partei er wählt.

Keiner kann doch die CDU zwingen, auch in Bayern anzutreten.

Natürlich nicht, das ist offenkundig. Das ist die ureigene Entscheidung der CDU. Aber: Wenn sie bei der Bundestagswahl in Bayern nicht antritt, nimmt sie an der Willensbildung des deutschen Volkes in Bayern nicht teil. Ein Verstoß gegen Artikel 38! Die Konsequenz daraus, dass eine Partei bei der Bundestagswahl nicht überall im Bundesgebiet antritt, wäre eigentlich, dass sie keine Bundespartei ist. Also ausgeschlossen werden müsste. Das will natürlich keiner, ich auch nicht.

Sondern?

Es muss eine verfassungskonforme Lösung her, dass Menschen, die in Bayern CDU wählen wollen, diese Chance auch eingeräumt wird. Das ist schwer, aber beileibe nicht unmöglich. Auch Auslandsdeutsche dürfen trotz fehlenden Wohnsitzes in der Bundesrepublik und fehlender Meldung bei der Meldebehörde wählen. Zumindest für eine Zwischenzeit wäre eine analoge Vorschrift denkbar. Der Bayer gewissermaßen als funktioneller Auslandsdeutscher.

Und was wird aus Ihrer Erststimme?

Die bliebe am Heimatort, hier also in Nürnberg. Es geht mir um die Zweitstimmen.

Solche Willensbekundungen gab es schon oft. Was gibt Ihnen da Hoffnung?

Es gibt keinerlei Literatur darüber, ob dieser Wähler-Ausschluss juristisch schon mal aufgearbeitet worden ist. Es gibt da bisher keine gerichtliche Überprüfung.

Alle bisherigen Bundestagswahlen wären demnach nicht verfassungskonform . Klingt schon ein bisschen absurd, oder?

Mag so klingen, es gibt aber auch den Grundsatz: Wo kein Kläger, da kein Richter. Es geht mir um zukünftige Wahlen.

Eine Prognose: Der Bundeswahlleiter wird Ihrem Antrag nicht zustimmen.

Davon gehe ich aus. Dann würde ich das der Gerichtsbarkeit vorlegen, bis zum Bundesverfassungsgericht. Ich bin kein Rechthaber. Wenn man mir genügend Argumente an die Hand gibt, dass meine Rechtsansicht falsch ist, könnte ich das einsehen. "Das war schon immer so" reicht mir nicht.

© SZ vom 15.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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