Bürgerentscheid:Riedberger Horn: Seehofers Taktik ist feige

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Das Riedberger Horn ist ein beliebtes Wintersportgebiet. (Foto: dpa)

Einmal mehr drückt sich Horst Seehofer davor, unangenehme Dinge selbst zu entscheiden. Warum gehen wir eigentlich alle fünf Jahre wählen?

Kommentar von Sebastian Beck

Mal angenommen, die Bürger im Bayerischen Wald hätten 1970 über die Einrichtung des Nationalparks abstimmen können, wofür hätten sie sich damals ausgesprochen? Wohl kaum für den Naturschutz. Den musste die Staatsregierung erst gegen große Widerstände durchsetzen. Heute ist der Nationalpark unumstritten und ein Wirtschaftsfaktor in der Region.

Der Mut seiner Vorgänger scheint Ministerpräsident Horst Seehofer abhanden gekommen zu sein. Sonst hätte er längst bekräftigt, was ohnehin klar ist: Eine Skischaukel auf dem Riedberger Horn würde gegen nationales und internationales Umweltrecht verstoßen, selbst wenn sich die Lokalpolitiker noch so sehr nach neuen Liften sehnen.

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Weil Seehofer aber ein selbsternannter Volkskoalitionär ist, will er jetzt die Bürger zum geplanten Skizirkus befragen. Die Idee wirkt so abstrus, dass man es kaum glauben möchte. Mal abgesehen davon, dass dafür die Rechtsgrundlage fehlt, sollen also ein paar hundert Einwohner von Obermaiselstein und Balderschwang darüber entscheiden, ob ein Schutzgebiet von bayernweiter Bedeutung zerstört werden darf. Welche Gültigkeit hätte so ein Votum überhaupt? Und darf man mit einer willkürlichen und lokal begrenzten Bürgerbefragung die internationale Alpenkonvention außer Kraft setzen?

Volkskoalitionär Seehofer scheint das mit der direkten Demokratie ein bisschen missverstanden zu haben: Die Bürger wählen alle fünf Jahre den Landtag, damit Parlament und Regierung Entscheidungen treffen, die mitunter sogar von der Mehrheit abgelehnt werden. Das heißt nicht, dass die Politik die Meinung der Menschen ignorieren sollte. Doch es gibt gute Gründe, warum Volks- und Bürgerentscheide mit hohen Hürden versehen wurden. Denn immer noch sind es in erster Linie die gewählten Mandatsträger, die Macht ausüben sollen.

Seehofer versucht sich nicht zum ersten Mal davor zu drücken, indem er die Verantwortung wieder den Bürgern zuschiebt. Das ist feige.

© SZ vom 14.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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