Bayern vor dem Volksentscheid:Nichtraucher an der Nikotinfront

Abstinenzler versus Gastwirt: Sebastian Frankenberger und Franz Bergmüller stehen an der Spitze im Kampf um das bayerische Rauchverbot. Dabei haben sie eines gemeinsam. Die Positionen im Überblick.

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(Foto: online.sdebayern)

Am Sonntag haben die Bayern das letzte Wort in einem jahrelangen Streit: Der Kampf zwischen Rauchern und Nichtrauchern wird im Süden per Volksentscheid entschieden. Im Vorfeld haben sich die Vertreter beider Parteien im Live-Chat von sueddeutsche.de den Fragen der User gestellt. Eine Zusammenstellung der wichtigsten Positionen. Die Kontrahenten Sebastian Frankenberger, 28, ÖDP-Stadtrat aus Passau. Er hat das Volksbegehren im vergangenen Jahr ins Rollen gebracht - und traf damit offenbar den Nerv der Bürger: 13,9 Prozent der Wahlberechtigten haben unterschrieben, 3,9 Prozent mehr als gesetzlich vorgeschrieben. Das Motto "Leben und leben lassen" beansprucht er genau wie seine Gegner für sich: "Toleranz ist, wenn man draußen raucht", brachte der überzeugte Abstinenzler im Chat von sueddeutsche.de seine Haltung auf den Punkt. Franz Bergmüller, 45, Gastwirt aus Feldkirchen. Bergmüller hat nach dem strikten Nichtraucherschutzgesetz der CSU von Anfang 2008 den Verein zur Erhalt der bayerischen Wirtshauskultur gegründet. Auch er weist auf den Erfolg dieses Zusammenschlusses hin: Binnen weniger Monate hatte der Verein bereits 80.000 Mitglieder. Mit der Lockerung der strikten Gesetzgebung hat der Verein zumindest teilweise seine Ziele erreicht. "Das jetzige Gesetz ist ausreichend", schreibt Bergmüller im Chat von sueddeutsche.de. Genau wie Frankenberger ist Bergmüller Nichtraucher.

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(Foto: dpa)

Gesundheit versus Freiheit Sebastian Frankenberger: "Die Freiheit des einzelnen endet dort, wo die Freiheit des anderen beginnt. Und da trifft es eben auch alle Bedienungen, Musiker usw... Gesundheitsschutz ist die Aufgabe des Staates, wie Horst Seehofer schon sagte, eine freiwillige Lösung funktioniert hier nicht. (...) Das Thema Jugendprävention ist hier ein weiterer Aspekt. Die Quote der rauchenden Jugendlichen ist in Italien oder Frankreich extrem zurückgegangen, als dort ein stengerer Nichtraucherschutz eingeführt wurde." Franz Bergmüller: "Ich bestreite grundsätzlich nicht, dass Rauchen und Passivrauch schädlich ist. Aber es ist auch schädlich für die Menschen am Mittleren Ring in München zu wohnen, weil es dort die in der Bundesrepublik am stärksten befahrenen Straßen gibt. Letztendlich wollen wir ja das Gleiche aber wir wollen es auf der Grundlage der Entscheidungsfreiheit des Bürgers dem Einzelnen überlassen, wo er sich aufhält."

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Was ist Toleranz? Franz Bergmüller: "Es geht einfach um ein friedliches Miteinander in der Gastronomie und da ist das jetzige Gesetz ausreichend, denn jeder Bürger kann in freier Entscheidung wählen, ob er eine Nichtraucherkneipe oder eine Raucherkneipe besucht. Dies verstehe ich unter Toleranz zueinander und freier Entscheidung." Sebastian Frankenberger: "... wie lange waren denn jetzt wir Nichtraucher tolerant? Können jetzt nicht auch einmal die Raucher etwas tolerant sein? Außerdem: Toleranz ist, wenn man draußen raucht!"

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(Foto: ag.ap)

Gehört das Rauchen zur bayerischen Wirtshaus- und Bierzeltkultur? Franz Bergmüller: "Teil der Wirtshauskultur ist es durchaus, nach einem guten Essen oder bei einem gemütlichen Ratsch oder in einer netten Cafehausatmosphäre wie in Wien üblich auch zu rauchen (...). Dies ist in allen Kulturkreisen zu Hause." Sebastian Frankenberger: "Ich gehe gerne ins Bierzelt. Eine richtige Schweinshaxen mit einer leckeren Apfelschorle ist doch auch was. Wenn, dann brauchen wir eine einheitliche Lösung. Außerdem sind viele Kinder und Jugendliche in den Bierzelten. Auch diese haben einen Anspruch auf ein rauchfreies Zelt und ihre Gesundheit."

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(Foto: region.dah)

Was ist mit Dorfgaststätten? Sebastian Frankenberger: "Beim Gesundheitsschutz ist der Staat in der Pflicht. (...) Am Land kann es sich leider nicht jeder Kellner aussuchen, wo er arbeitet. Und was ist mit den Kellnerinnen, wenn diese mal Schwanger werden?" Franz Bergmüller: "Wenn es nur um das abendliche Biertrinken geht, muss es unter den Vorschriften des bestehenden Nichtraucherschutzgesetzes Eigenentscheidung des Wirtes bleiben, welchen Gast er ansprechen will. Man kann Wirtshäuser nicht mit öffentlichen Räumen der Behörden gleichsetzen."

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(Foto: ag.ap)

Funktionieren Ausnahmen vom Verbot? Sebastian Frankenberger: "Wo es Ausnahmen gibt, werden sie zur Regel. Das haben wir ja schon bei den Raucherclubs gemerkt. (...) Bei mir in Passau wurde jede Kneipe ein Raucherclub. Der Nichtraucher hatte hier leider keine Wahl mehr.  Darum wollen wir ja das alte CSU Gesetz von 2008 zurück, ohne die Raucherclubs. Franz Bergmüller: "Ich will die Entscheidungsfreiheit des kleinen Kneipiers erhalten. Auch sollte der Staat nicht alles regeln wollen, was sich mit Verboten noch nie hat regeln lassen."

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(Foto: ag.ddp)

Ihre Prognose für Sonntag? Sebastian Frankenberger: "Ich glaube, dass noch gar nichts entschieden ist. Denn die Raucherlobby investiert wahnsinnig viel Geld und da können wir einfach nicht mithalten. Wichtig ist mir jedoch, dass wir unbedingt eine hohe Wahlbeteiligung erreichen, damit, egal wie es dann ausgeht, das Ergebnis von einer breiten Mehrheit getragen wird." Franz Bergmüller: "Ich bin sehr zuversichtlich, dass gerade die toleranten Nichtraucher erkennen, dass wir jetzt schon einen ausgewogenen Nichtraucherschutz haben. (...) Ich bin mir nahezu sicher, dass die Mehrheit der Bevölkerung der Meinung ist, dass sich der Staat um wichtigere Dinge zu kümmern hat, als die Überwachung von den verbliebenen Raucherkneipen, Rauchernebenräumen oder auch in Festzelten."

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