Franz Bergmüller im Chat:"Ich stehe nicht auf der Gehaltsliste der Tabaklobby"

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Franz Bergmüller ist Nichtraucher. Trotzdem kämpft der Gastwirt gegen eine Verschärfung des Rauchverbots in Bayern. Im Chat hat er sich den Fragen unserer Nutzer gestellt. Die Nachlese.

Franz Bergmüller kommt mit einem dicken Ordner unter dem Arm geklemmt ins SZ-Hochhaus. Darin: Zahlen, Daten und Fakten zum Nichtraucherschutz in Bayern. Noch zwei Tage, dann stimmen die Bayern ab, ob der Freistaat künftig rauchfrei sein soll. Der Gesetzentwurf, der zur Abstimmung steht, weicht nur minimal von der kompromisslosen Regelung ab, die die CSU 2008 eingeführt hatte. Bergmüller gründete damals als Reaktion den "Verein zum Erhalt der bayerischen Wirtshauskultur" (VEBWK). Am Sonntag geht der Kampf um das Rauchverbot in Bayern in die Endrunde. Vor wenigen Tagen war Sebastian Frankenberger, Initiator des Volksbegehrens "Für echten Nichtraucherschutz!", zu Gast im Live-Chat von sueddeutsche.de. Nun hat sich Franz Bergmüller den Fragen der Nutzer gestellt.

Rauchverbot in Bayern
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Nun sollen die Bayern selbst den Schlusspunkt unter einen jahrelangen Streit setzen: Am Sonntag findet der Volksentscheid zum Nichtraucherschutz statt - doch viele Bürger wissen gar nicht, worum es genau geht. Die wichtigsten Fragen im Überblick.

tomeg27: Sehr geehrter Herr Bergmüller, ich finde, dass das Rauchen mit das Sinnloseste ist, was man sich und seinen Mitmenschen antun kann. Einfach nur eine gesundheitsschädigende und stinkende Sucht. Folgerichtig gehört es verboten. Was sagen sie dazu?

Franz_Bergmueller: Es geht einfach um ein friedliches Miteinander in der Gastronomie und da ist das jetzige Gesetz ausreichend, denn jeder Bürger kann in freier Entscheidung wählen, ob er eine Nichtraucherkneipe oder eine Raucherkneipe besucht.

LeonieSommer: Herr Bergmüller, Sie sind Nichtraucher. Eigentlich müssten Sie doch froh sein, dass Sie bald möglicherweise nicht mehr mit Rauch zugedröhnt werden...

Franz_Bergmueller: Ich bin zwar Nichtraucher, will aber in meiner Gaststätte die Raucher und Nichtraucher in freier Entscheidung gemeinsam am Stammtisch haben. Es geht mir als Wirt um meine Entscheidungsfreiheit, welchen Kundenkreis ich ansprechen will. Der Gast wählt ja auch frei, zu welchem Friseur er geht. Für die paar netten Stunden am Abend stört mich der Rauch nicht und wen er stört, der muss ja nicht hingehen.

Lenitatis: Lieber Herr Bergmüller, diese Entscheidungsfreiheit ist ja ganz nett, wenn sie nicht so ausarten würde, wie zum Beispiel in Passau, wo jede nahezu Kneipe/Bar und Diskothek ein Raucherclub ist. Ich fühle mich dahingehend schon zutiefst in meiner Freiheit als Nichtraucher beraubt.

Franz_Bergmueller: Die Raucherclubs gibt es nicht mehr! Alleine auf Grund der Einschränkungen des jetzigen Gesetzes und der gesellschaftlichen Nachfrage nach rauchfreien Räumen kann ich mir nicht vorstellen, dass es in Passau anders ist, als bei mir in Feldkirchen, wo von 20 Gastrobetrieben gerade mal drei noch das Rauchen zulassen.

ms83: Was ist mit Dörfern in denen es nur ein Wirtshaus gibt?

Franz_Bergmueller: Ich vergleiche mal Ihre Anfrage mit meinem Wirtshaus als Dorfgasthaus. Meistens haben die Dorfgasthäuser zwei Räume. Wenn bei uns eine Veranstaltung für die dörfliche Gemeinschaft ist, respektiert die Gemeinschaft die Wünsche der Nichtraucher nach rauchfrei voll und ganz. Wenn es nur um das abendliche Biertrinken geht, muss es unter den Vorschriften des bestehenden Nichtraucherschutzgesetzes mit den besagten Ausnahmen abgetrennter Nebenraum oder unter 75 qm Eigendeklarierungspflicht und damit auch Eigenentscheidung des Wirtes bleiben, welchen Gast er ansprechen will. Man kann Wirtshäuser nicht mit öffentlichen Räumen der Behörden gleichsetzen, wo ein Rauchverbot vollkommen richtig ist.

Damuero: Lieber Herr Bergmueller, wie rechtfertigen sie die gesundheitliche Belastung Ihrer Mitarbeiter?

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Nun sollen die Bayern selbst den Schlusspunkt unter einen jahrelangen Streit setzen: Am Sonntag findet der Volksentscheid zum Nichtraucherschutz statt - doch viele Bürger wissen gar nicht, worum es genau geht. Die wichtigsten Fragen im Überblick.

Franz_Bergmueller: Jeder Arbeiter hat in Problemberufen irgendwelche Belastungen zu ertragen, die über die Arbeitsschutzvorschriften versucht werden zu minimieren. Eine Untersuchung der Berufsgenossenschaft in 60 Betrieben bei Servicemitarbeitern hat keinerlei Überschreitung der zulässigen Grenzwerte in Raucherräumen ergeben. Letztendlich sind selbst 70 % der Gastromitarbeiter Raucher. Außerdem gibt es nirgends einen offeneren Arbeitsmarkt als in der Gastronomie und etwa 85 % der gesamten Gaststätten sind rauchfrei!

Franz Bergmüller, Gastwirt und Vorsitzender des Vereins zum Erhalt der bayerischen Wirtshauskultur, hält die bestehenden Regelungen des Nichtraucherschutzes in Bayern für ausreichend. (Foto: dpa)

AndiDD: Sie vergessen leider,dass diese 85 % gegen den erbitterten Widerstand Ihres Vereins zustande gekommen sind. Es ist daher etwas merkwürdig, diese Zahl gerade von Ihnen als Argument zu hören. Die Erwähnung eines "offenen Arbeitsmarktes" könnte man so übersetzen: "Wem unzumutbare Arbeitsbedingungen nicht passen, der kann ja kündigen". Man überlege sich jetzt einmal, was etwa mit dem Betreiber eines Kernkraftwerks passieren würde, der sagte: "Wem es nicht passt, am Arbeitsplatz verstrahlt zu werden, der kann ja kündigen."

Franz_Bergmueller: Wir haben sehr wohl als Verein für ein Nichtraucherschutzgesetz, wie es zum 1.8.09 in Kraft getreten ist, im Großen und Ganzen gekämpt. Deshalb will ich ja die Entscheidungsfreiheit des kleinen Kneipiers erhalten. Ich glaube, die wenigen Stellen in einem Kernkraftwerk sind nicht zu vergleichen mit einer Leitökonomie wie in der Gastronomie, wo der größte offene Stellenmarkt aller Branchen besteht. Diese Problematik ist absolut künstlich hochgezogen, denn in größeren Betrieben lässt sich das jederzeit auch innerbetrieblich regeln.

Uschigollmitzer: Sehr geehrter Herr Bergmüller, 140.000 Tote jährlich in Deutschland durch Rauchen, 3300 Tote durch Passivrauchen. Wie fühlen Sie sich als Fürsprecher der Raucher, Gaststättenbetreiber und Tabaklobby, wenn sie mit solchen Zahlen konfrontiert werden?

Franz_Bergmueller: Es gibt keine anerkannte Studie, die aus einer langfristigen Flächenuntersuchung medizinischen objektiven Gesichtspunkten absolut standhält. Bei den 3300 Passivrauchtoten des DKFZ ( Anm. d. Red.: Deutsches Krebsforschungszentrum in Heidelberg) sind enorm viele Exraucher beinhaltet und mit mathematischen Annahmen hochgerechnet worden. Ich bestreite grundsätzlich nicht, dass Rauchen und Passivrauch schädlich ist. Aber es ist auch schädlich für die Menschen, am Mittleren Ring in München zu wohnen, weil es dort die in der Bundesrepublik am stärksten befahrenen Straßen gibt. Übrigens bin ich auch nicht der Fürsprecher der Tabaklobby, denn mir geht es als Bürger und Wirt um die Entscheidungsfreiheit und ich will nicht alles vom Staat regeln lassen. Ich stehe auch auf keiner Gehaltsliste der Tabaklobby und bin unbestechlich.

LeonieSommer: Es gibt ja viel mehr Nichtraucher als Raucher in Deutschland. Da dürften die Raucher doch am Sonntag keine Chance haben? Oder wie ist ihre Prognose?

Franz_Bergmueller: Ich bin sehr zuversichtlich, dass gerade die toleranten Nichtraucher erkennen, dass wir jetzt schon einen ausgewogenen Nichtraucherschutz haben, der sich auch noch von selbst weiter in Richtung rauchfreie Räume entwickelt, wenn jetzt schon auf dem Oktoberfest ein großes Festzelt sich von selbst aus als Nichtraucherzelt propagiert. Ich bin mir nahezu sicher, dass die Mehrheit der Bevölkerung der Meinung ist, dass sich der Staat um wichtigere Dinge zu kümmern hat, als die Überwachung von den verbliebenen Raucherkneipen, Rauchernebenräumen oder auch Festzelten. Vor allem sieht die weit überwiegende Bevölkerung laut Meinungsumfragen nicht ein, dass dort nicht mehr eine Gelegenheitszigarette, Zigarre oder sonstiges geraucht werden darf.

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