Sebastian Frankenberger im Chat:"Toleranz ist, wenn man draußen raucht!"

Lesezeit: 4 min

Er polarisiert mit seiner Haltung: Sebastian Frankenberger ist überzeugter Abstinenzler und kämpft in Bayern für ein Rauchverbot ohne Ausnahme. Im Chat hat er sich den Fragen der Nutzer gestellt - die Nachlese.

Er ist zurzeit das Gesicht der Nichtraucher in Bayern: Sebastian Frankenberger kommt gerade von einer Pressekonferenz in Nürnberg. Es ging um den Volksentscheid, der in Bayern am 4. Juli stattfindet. Zur Abstimmung steht ein Rauchverbot ohne jede Ausnahme. Der 28-Jährige hat im vergangenen Jahr das Volksbegehren darüber angestoßen. Von sich selbst sagt er, er sei überzeugter Abstinenzler. Selbst Alkohol rühre er nicht an. Im Chat hat er sich eine Stunde lang den Fragen der sueddeutsche.de-Nutzer gestellt. Viele waren es. Und darunter viele kritische. Doch gerade das seien die Fragen, die ihn am meisten reizen würden, sagt Frankenberger.

Geht gern ins Bierzelt, allerdings noch lieber, wenn es künftig rauchfrei ist: Sebastian Frankenberger, Initiator des Volksbegehrens Nichtraucherschutz in Bayern. (Foto: ag.dpa)

Moderator: Sebastian Frankenberger ist gerade im SZ-Hochhaus an der Hultschiner Straße eingetroffen. Hallo, Herr Frankenberger, schön, dass Sie sich Zeit für diesen Chat nehmen!

Sebastian_Frankenberger: Freu mich auch, dass ich hier bin. Danke für die Einladung!

Jan_Kowalski: Herr Frankenberger, wenn das totale Rachverbot kommt, würde mich interessieren welche Eckkneipe Sie dann besuchen werden, die Sie bis jetzt nicht besuchen konnten?

Sebastian_Frankenberger: Ach in München dann vielleicht in die Schwabinger 7 ;-)

Peter1964: Glauben Sie, dass der Volksentscheid angesichts der Raucher- Nichtraucherverteilung in der Bevölkerung schon entschieden ist?

Sebastian_Frankenberger: Ich glaube, dass noch gar nichts entschieden ist. Denn die Raucherlobby investiert wahnsinnig viel Geld und da können wir einfach nicht mithalten. Wichtig ist mir jedoch, dass wir unbedingt eine hohe Wahlbeteiligung erreichen, damit, egal wie es dann ausgeht, das Ergebnis von einer breiten Mehrheit getragen wird. Trotzdem hoffe ich natürlich dann, dass der Gesundheitsschutz und Jugendprävention gewinnen.

Janvalentin: Warum pochen sie denn auf ein komplettes Verbot? Ich fand die Lösung mit den Raucherclubs ganz charmant. Eigentlich ist Rauchen verboten, aber die Gesellschaft organisiert sich eben in Lücken im System. Nichtraucher waren gut geschützt, aber wer wollte, hat trotzdem eine Nische gefunden. Ist für Sie die Freiheit denn gar kein Wert?

Sebastian_Frankenberger: Leider hat es nicht funktioniert. Bei mir in Passau wurde jede Kneipe ein Raucherclub. Der Nichtraucher hatte hier leider keine Wahl mehr. Außerdem endet die Freiheit des einzelnen dort, wo die Freiheit des anderen beginnt. Und da trifft es eben auch alle Bedienungen, Musiker usw... Gesundheitsschutz ist die Aufgabe des Staates, wie Horst Seehofer schon sagte, eine freiwillige Lösung funktioniert hier nicht.

Quin_23: Ist Ihr Ziel mit dem totalen Rauchverbot erreicht, oder haben Sie weitere Pläne im Bezug auf Rauchen in der Öffentlichkeit?

Sebastian_Frankenberger: Es geht mir wirklich nur um die Gastronomie. Im Privaten kann wirklich jeder machen, was er will, aber bitte immer Rücksicht auf die anderen nehmen!

Santiagochile: Herr Frankenberger, im Artikel werden sie als "totaler Abstinenzler" bezeichnet, was das Thema Alkohol und Zigaretten angeht. Wieso interessiert es sie dann, ob die Leute im Bierzelt (wo man doch wohl Bier trinkt) rauchen dürfen oder nicht?

Sebastian_Frankenberger: Weil ich auch ins Bierzelt gehe. Eine richtige Schweinshaxen mit eine leckeren Apfelschorle ist doch auch was. Wenn, dann brauchen wir eine einheitliche Lösung. Außerdem sind viele Kinder und Jugendliche in Bierzelten. Auch diese haben einen Anspruch auf ein rauchfreies Zelt und ihre Gesundheit.

Santiagochile: Muss es denn zu meiner Freiheit gehören, dass die Leute überall nicht rauchen dürfen, sobald ich dort hinwill, nur, weil es mir so passt? Sollte man nicht auch einmal tolerant sein und sich an die anderen anpassen?

Sebastian_Frankenberger: hmmm.... wie lange waren denn jetzt wir Nichtraucher tolerant? Können jetzt nicht auch einmal die Raucher etwas tolerant sein? Außerdem: Toleranz ist, wenn man draußen raucht!

EagleRN: Aber, wenn der Wirt eben entscheidet, dass er einen Raucherclub hat, zwingt Sie doch niemand, in diese Kneipe zu gehen.

Sebastian_Frankenberger: Aber die Bedienung eben nicht.

EagleRN: Verstehen sie mich nicht falsch, aber ich muss sagen, dass das Argument "die Bedienung" echt mager ist. Wenn ich Angst vor Strahlung habe, arbeite ich ja schließlich auch nicht in einem Atomkraftwerk, auch wenn's der einzige Arbeitgeber ist oder?

Sebastian_Frankenberger: Vergleichen wir bitte nicht Äpfel mit Birnen. Gesundheitsschutz sollte doch wirklich an erster Stelle stehen.

kassandra13: Vielleicht sollte man alles verbieten...

Sebastian_Frankenberger: Also bei Atomkraft, bei Gentechnik, bei Finanzspekulationen, bei Spenden der Wirtschaft an Parteien usw. bin ich gerne dabei.

d0ne: Das Thema ist ja ziemlich emotionsgeladen. Haben Sie sehr viele Anfeindungen in letzter Zeit erlebt und wie wirkt sich der Volksentscheid auf Ihr Privatleben aus?

Sebastian_Frankenberger: Ach es kommen so einige Anfeindungen, in einige Lokalen habe ich mittlerweile auch Hausverbot und die nächtlichen Drohungen nehmen auch wieder zu. Aber Militante gibt es hier auf beiden Seiten. Ich versuche trotzdem immer freundlich zu antworten, außer es geht um Nazi-Vergleiche, da übergebe ich das sofort an meinen Rechtsanwalt. Privatleben .... hmmm .... was ist das?

Schlupu: Lieber Herr Frankenberger, haben Sie eigentlich eine Erklärung dafür, dass das Rauchverbot in Bayern so derart polarisiert? In anderen Bundesländern haben die Landesparlamente das Rauchverbot eingeführt und damit war die Diskussion erledigt.

Sebastian_Frankenberger: Ich glaube, dass es mit dem Hin und Her zu tun hat. Hätte es keine Lockerung gegeben, dann hätte sich jetzt schon alles recht gut eingespielt. Außerdem sind wir Bayern halt einfach ein sehr Leidenschaftliches Volk :-)

matze0210: Hallo! Als Nichtraucher muss ich sehr darüber wundern, mit welchem Sendungsbewusstsein hier alle Gastronomiebesucher mit einem Rauchverbot "beglückt" werden sollen. Ich meine, dass ein Rauchverbot in Restaurants bis 22 Uhr völlig ausreichend wäre. Dann sind die Kinder ohnehin im Bett. Eine Bar ohne Rauchen halte ich für bedenklich, noch mehr gilt das für Clubs.

Sebastian_Frankenberger: Verflüchtigen sich dann plötzlich die Schadstoffe im Passivrauch?

zeitzeuge2010: Wenn der Staat beim Bürgerschutz in der Pflicht steht, dann könnten doch auch Verbote in alle anderen Richtungen ausgesprochen werden. Wo hört aus Ihrer Sicht die Fürsorgepflicht auf und wo beginnt staatliche Bevormundung?

Sebastian_Frankenberger: An erster Stelle sollte mal das Grundgesetz geschützt werden. Auch die Rechte, die sich davon ableiten lassen. Zurzeit hält sich der Staat meines Erachtens in viel zu vielen Bereich heraus, z.B. Finanzsektor oder beim Umweltschutz. Vielleicht sollten wir aber einfach mehr die Bürger entscheiden lassen.

Moderator: Lieber Herr Frankenberger, das Lob unserer Nutzer wollen wir Ihnen auch nicht vorenthalten:

tmma: Ich wollte mich auf diesem Wege mal für Ihr Engagement bedanken und hoffe auf einen positiven Ausgang der Wahl am 4. Juli.

Moderator: Herr Frankenberger, vielen Dank für diesen Chat auch von der Bayern-Redaktion von sueddeutsche.de. Vielen Dank auch an alle Nutzer, die sich an dem Chat beteiligt haben.

Sebastian_Frankenberger: Danke für die Unterstützung und das Lob. Gemeinsam können wir es schaffen!

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