Augsburg:Heikle Oppositionsanfrage seit 826 Tagen unbeantwortet

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Ist im Augsburger Rathaus alles mit rechten Dingen zugegangen? Es liegt im Interesse der Stadtverwaltung, die Vorwürfe der Wählervereinigung Pro Augsburg aus der Welt zu räumen. Sie hat das bislang aber nicht geschafft. (Foto: dpa)

Politiker hegen den Verdacht, dass die Stadt den Fraktionen von SPD und CSU zu hohe Zuschüsse gezahlt hat. Das Augsburger Rathaus lässt die Fragen dazu seit mehr als zwei Jahren offen.

Von Stefan Mayr, Augsburg

Haben die Stadtratsfraktionen von CSU und SPD in der vergangenen Legislaturperiode mehr Zuschüsse und Personalkostenersatz von der Stadt Augsburg bekommen als ihnen zustand? Es ist eine ebenso brisante wie einfache Frage, die die Wählervereinigung Pro Augsburg (PA) bereits Anfang 2014 an die Stadt gestellt hat.

Nun sollte man meinen, dass die Verwaltung der drittgrößten Kommune Bayerns diese Frage relativ schnell beantworten könnte. Ja oder nein? Nun, die Klärung lässt inzwischen seit zweieinhalb Jahren auf sich warten. Nach drei Monaten ohne Reaktion bat Pro Augsburg die Regierung von Schwaben um Unterstützung. Das half bis heute: nichts.

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PA-Stadtrat Rudolf Holzapfel ist mit seiner Geduld am Ende: "Ich erwarte endlich eine klare Stellungnahme, ob unser begründeter Verdacht zutrifft oder nicht." Im Raum steht der Vorwurf der Mauschelei oder gar des Betrugs respektive der Untreue. "Wenn der Verdacht zutrifft, könnte ein fünfstelliger Schaden für den Steuerzahler entstanden sein", sagt Holzapfel. Deshalb müsse der Vorwurf geklärt werden. "Wenn er sich nicht bewahrheitet, wären wir froh", sagt der Stadtrat, "und wenn was dran ist, muss der Vorgang aufgeklärt und das Geld zurückgezahlt werden."

27 Monate oder 826 Tage nach dem ersten Brief von Pro Augsburg an die Regierung bestätigt die Rechtsaufsichtsbehörde auf Anfrage der Süddeutschen Zeitung, sie habe schon mehrmals im Rathaus nachgehakt. Das Ergebnis sei aber mager gewesen: "Eine Stellungnahme dazu liegt uns bisher nicht vor." Bei den Nachfragen habe die Stadt "auf den relativ großen Bearbeitungsaufwand" verwiesen und auch "auf zwischenzeitliche personelle Veränderungen . . . auf der Leitungsebene in den betroffenen Bereichen".

Die Stadt selbst räumt auf SZ-Anfrage ein: "Das Ganze ist tatsächlich bedauerlich." Diese "Verzögerung" sei auch durch "erhebliche Personalausfälle" zustande gekommen. Hinzu komme, dass die Leitung des Hauptamtes "neben dem Tagesgeschäft an mehreren zeitaufwendigen Projekten vom Ratsinformationssystem bis zu den Zuwendungsrichtlinien" arbeite. Weil die Anforderungen qualitativ wie quantitativ erheblich gestiegen sind, sei die Verwaltung "gehalten, Aufgaben-Prioritäten zu setzen".

Wurde der Vorwurf des Betrugs oder der Untreue also als nicht so wichtig erachtet? Oder spielt die Stadt schlichtweg auf Zeit? Die PA-Fraktionsvorsitzende Beate Schabert-Zeidler kritisiert sowohl Stadt als auch Regierung: "Die nehmen uns einfach nicht ernst, das ist unangenehm und schade." Kollege Holzapfel spricht von einer "offensichtlichen Verzögerungstaktik". Er fordert von Stadt und Regierung "ein klareres Vorgehen im Sinne der Aufklärung". Die Regierung sei der Stadt "offenbar wohlgesonnen" und agiere "nicht mit dem nötigen Nachdruck". Holzapfel: "So bleibt halt ein Geschmäckle."

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Hintergrund der PA-Anfrage ist die Spaltung der CSU-Fraktion im Jahr 2011. Damals traten sechs Stadträte aus und gründeten eine neue Fraktion, die "Neue Christlich Soziale-Mitte". Damit schrumpfte die CSU-Fraktion von 24 auf 18 Personen. Laut Geschäftsordnung der Stadt hätten fortan auch die Zuschüsse für Material und Mitarbeiter sinken müssen. So liegt etwa die Schwelle für zweieinhalb Assistenten-Stellen bei 20 Stadträten. Kleinere Fraktionen bekommen nur noch zwei Stellen bezahlt. Hat die CSU trotzdem weiterhin zwei Vollzeit-Mitarbeiter und eine Teilzeit-Kraft beschäftigt? Und gab es eine "interfraktionelle Absprache" zwischen CSU und SPD, von der Pro Augsburg in ihrer Anfrage aus dem Jahr 2014 schreibt?

Nach der CSU-Spaltung war die SPD mit 19 Stadträten plötzlich die stärkste Fraktion im Rathaus. Haben die Sozialdemokraten und die Christlich-Sozialen irgend etwas ausgedealt, das jetzt unter der Decke gehalten werden muss? Es sind wahrlich heftige Vorwürfe, die Pro Augsburg da andeutet. "Es kann nicht sein, dass sich Parteien so bedienen", sagt Rudolf Holzapfel, "da lassen wir auch nicht locker." Die Stadt wird seit der Wahl 2014 von einer Koalition aus CSU und SPD mit Beteiligung der Grünen regiert und es sollte im Interesse der Regierung sein, dass all diese Fragen sehr schnell aus der Welt geschafft werden. Doch das ist bislang nicht geschehen.

Erst im März 2016 vertröstete die Stadt die wiederholt nachfragende Regierung einmal mehr. Als Begründung diente unter anderem der Hinweis auf die Belastung des Personals durch "Asylangelegenheiten". Dennoch stellte Stadtdirektor Josef Schwarz in seinem Brief eine Stellungnahme "noch vor der Sommerpause" in Aussicht. Inzwischen steht der Herbst vor der Tür und von der Stellungnahme ist noch nichts zu sehen.

Auf SZ-Anfrage schreibt die Pressestelle der Stadt: "Die Frage der Korrektheit wird von uns nach Vorliegen der Unterlagen geprüft." Die Stellungnahme an die Aufsichtsbehörde werde "nach derzeitigem Bearbeitungsstand" voraussichtlich "bis Ende Oktober vorgelegt werden können". Vorher könne die Stadt auch keine detaillierten Aussagen über das Vorgehen nach der CSU-Spaltung machen.

Auch die Fraktionschefs von CSU und SPD halten sich bedeckt. "Ich gehe davon aus, dass das Hauptamt das völlig korrekt geprüft hat", sagt Bernd Kränzle von der CSU. Seine SPD-Kollegin Margarete Heinrich will sich zu dem Vorwurf gar nicht äußern. Sie antwortet mit einer Gegenfrage: "Haben Sie auch nachgefragt, was Pro Augsburg damals bekommen hat?"

© SZ vom 24.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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