Augsburg:Die Uniklinik kommt

Klinikum Augsburg

Das Krankenhaus Augsburg soll bis zum Jahr 2028 als Universitätsklinik fertig ausgebaut sein.

(Foto: Stefan Puchner)

Sieben Jahre nach Horst Seehofers überraschender Verheißung gibt der Wissenschaftsrat grünes Licht für die sechste Medizin-Fakultät Bayerns in Augsburg. Die Freude in Schwaben ist groß - aber nicht bei allen

Von Stefan Mayr, Augsburg

Eigentlich war das Projekt Uniklinikum Augsburg im Jahr 2009 mausetot. Höchstens zwei oder drei Lokalpolitiker träumten noch davon, dass ihr kommunales Großkrankenhaus eines Tages in eine staatliche Klinik umgewandelt würde. Dann setzte sich Ministerpräsident Horst Seehofer am 16. Februar 2009 im Rathaus vor das Goldene Buch der Stadt und kritzelte drei Worte hinein: "Die Uni-Klinik kommt!!!" Die Überraschung war enorm. In den anderen fünf Unikliniken des Freistaates und im Wissenschaftsministerium soll sich gar Entsetzen breitgemacht haben angesichts der drohenden Kosten. Doch Seehofer setzte (oder: drückte) sein Versprechen gegen alle Widerstände durch. Seit Freitagmittag ist die letzte echte Hürde übersprungen: Der Wissenschaftsrat gab in Kiel grünes Licht für das Milliardenprojekt.

Langfristig sollen sich in Augsburg 1500 Medizinstudenten und 100 Professoren sowie etwa 1000 weitere Mitarbeiter mit den Schwerpunktthemen Umweltmedizin und Medizininformatik befassen. Der Augsburger Fakultät wurde quasi ein "Modellstudiengang" auf den Leib geschrieben, auch um eine Daseinsberechtigung als Ergänzung zu den bereits bestehenden Fakultäten in München (LMU und TU), Würzburg, Regensburg und Erlangen zu haben.

Das Ja des Wissenschaftsrates, der die Bundesregierung bei Hochschulthemen berät, kam zwar alles andere als überraschend. Dennoch spricht Augsburgs Oberbürgermeister Kurt Gribl (CSU) von einem "historischen Ereignis". Horst Seehofer tönt von einem "Jahrhundertprojekt, das seine Strahlkraft in Schwaben und weit darüber hinaus entfalten wird". Die Präsidentin der Universität, Sabine Doering-Manteuffel, freut sich über einen bedeutenden Schritt für ihr Haus. Alleine die Zahl der Professorenstellen steige um 50 Prozent. Die ersten Studenten sollen schon im Herbst 2018 starten, der Endausbau soll etwa 2028 fertig sein. Das neue Fakultätsgebäude wird neben dem Klinikum errichtet. Die Gesamtkosten für Bau, Personal und Ausrüstung werden letztlich in die Milliarden gehen. Dennoch gilt die Zustimmung des Landtags als sicher - alle Oppositionsparteien begrüßten am Freitag das Votum des Wissenschaftsrates.

Aber die Freude wird nicht überall geteilt. Manche der 5500 Mitarbeiter des Klinikums fürchten, dass sie in eine externe Firma ausgegliedert werden und dort zu schlechteren Bedingungen arbeiten müssen oder den Job verlieren. Das kommunale Klinikum soll Anfang 2019 in die Trägerschaft des Freistaates übergehen. Wissenschaftsminister Ludwig Spaenle (CSU) kündigte am Mittwoch im Landtag an, das Uniklinikum werde bereits in zehn Jahren schwarze Zahlen schreiben. Hierzu brauche es ein strammes Sparkonzept mit Personalanpassungen und Outsourcing "wie das halt an anderen Klinikstandorten auch ist". Dies widerspricht allerdings einem Beschluss der Klinikgremien, wonach es weder Entlassungen noch Ausgliederungen geben soll.

Augsburgs OB Gribl kann sich gleich in mehrfacher Hinsicht auf die Uniklinik freuen. Die Studenten und gut bezahlten Mitarbeiter bringen zusätzliche Kaufkraft in die Stadt. Vor allem aber werden Stadt und Landkreis einen chronischen Verlustbringer los. Das Krankenhaus der maximalen Versorgungsstufe behandelt pro Jahr etwa eine Viertelmillion Patienten, die aus ganz Schwaben kommen. Das bescherte den Trägern stets Defizite.

Verständlich also, dass die Vertreter der drittgrößten Stadt Bayerns Jahrzehnte lang versuchten, ihr Krankenhaus in eine Uniklinik umzuwandeln. Doch sie fanden in München nie Gehör. Dort hieß es stets: kein Bedarf an einer sechsten Universitätsklinik. Bis sich Horst Seehofer 2009 vors Goldene Buch setzte.

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