Attacke auf die CSU:Zornige Bürgermeister

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Dass Gemeindetagschef Uwe Brandl CSU-Mitglied ist, hindert ihn nicht daran, seine Parteifreunde scharf zu kritisieren - auch wegen der Hauptschulreform.

Olaf Przybilla

Wenn sich bayerische Bürgermeister früher bei Großveranstaltungen getroffen haben, dann waren das meist Hochämter für die CSU. Man klopfte sich gegenseitig auf die Schulter und lobte die Segnungen der Staatsregierung.

Am Mittwoch, bei einer Fachmesse für Kommunen in Nürnberg, ist das ganz anders. Obwohl mit Innenminister Joachim Herrmann und Kultusminister Ludwig Spaenle auch zwei Mitglieder der Staatsregierung gekommen sind, bleiben die salbungsvollen Worte diesmal aus.

Für die Attacken zeichnet vor allem ein Mann verantwortlich, der selbst Mitglied in der CSU ist: Uwe Brandl, Bürgermeister von Abensberg und Präsident des bayerischen Gemeindetags. Brandl vermisst vor allem eines: die Zuverlässigkeit der Staatsregierung.

Brandl nimmt sich sofort des strittigen Themas Digitalfunk für die Feuerwehren an. Staatssekretär Bernd Weiß ist vor einer Woche zurückgetreten, weil er seinen mit den Kommunen ausgehandelten Kompromiss zur Finanzierung bei der Staatskanzlei nicht durchsetzen konnte. Verlässlichkeit? "Der Innenminister", sagt Brandl "war uns zuletzt stets ein zuverlässiger Partner." Wer kein verlässlicher Partner war, sagt Brandl nicht. Dennoch wissen die Bürgermeister, wer gemeint ist: Ministerpräsident Horst Seehofer.

Für den zurückgetretenen Staatssekretär Weiß findet Brandl nur lobende Worte: Das sei einer gewesen, "der wusste, von was er redet. Einer, auf den man sich verlassen konnte, der Ahnung hatte von Kommunalpolitik. Wir haben zu wenig von der Sorte."

Wenn man dem Gemeindetagschef einen Tag lang zuhört, fällt es schwer, ihn als CSU-Politiker zu identifizieren. "Ich habe einen ganz dicken Hals", ruft Brandl, "weil wir als CSU nach der Wahlniederlage nicht ausreichend Analyse betreiben". In seiner Partei gebe es zu viele "Nassforsche, die nur ihre Karriere planen und nicht mehr schauen, was die Menschen brauchen". Manche Kollegen hätten "die Bodenhaftung verloren", seien "nicht hinreichend kommunalpolitisch geerdet". Diese Politiker, ruft der Bürgermeister aus, "wissen nicht mehr, was in den bayerischen Dörfern los ist".

Den Zorn Brandls bekommt aber vor allem Ludwig Spaenle zu spüren. Eine Gesprächsrunde mit dem Kultusminister, bei der es um die "bayerische Schullandschaft der Zukunft" gehen soll, muss vorverlegt werden, weil Spaenle Ärger mit dem Landtagskollegen Erwin Huber bekommen hat und sich deswegen am selben Nachmittag noch im Landtag der Diskussion stellen muss.

Brandl lässt Spaenle zwanzig Minuten lang warten. Dann raunzt er ihn vor den versammelten Bürgermeistern an: Die Situation sei offenbar so: "Wenn ein Huber brüllt, denn fliegen die Spaenles."

Damit nicht genug. Der Kultusminister muss sich von Parteifreund Brandl anhören, dass die Bürgermeister die wichtigsten Ansprechpartner sind, wenn es um die Entwicklung der Hauptschulen in Bayern geht. Die Gemeinden seien der Sachaufwandsträger "und nicht der Huber oder andere Exoten". Die Rathauschefs klatschen und johlen.

Spaenle verteidigt sich, die Reform der Hauptschulen sei "dringend notwendig". Aber wer die aufgeheizte Stimmung bei den 300 Bürgermeistern im Saal verfolgt, der ahnt, das die Pläne zur Reform der Hauptschule in den kommenden Monaten für die CSU zu einer schweren Hypothek werden können.

Innenminister Herrmann geben die Bürgermeister mit auf den Weg, sich bei den Koalitionsverhandlungen in Berlin für den Erhalt der Gewerbesteuer einzusetzen. Nürnbergs Oberbürgermeister Ulrich Maly befürchtet, ohne diese Einkünfte aus der Gewerbesteuer würden die Kommunen handlungsunfähig. Es gehe darum, sagt Maly, gerade in der Krise die "kommunale Selbstverwaltung sicherzustellen".

Herrmann verspricht, sich in Berlin dafür einzusetzen. Es habe zu gelten, sagt er, was die Bundeskanzlerin vor der Wahl versprochen habe: "Die Gewerbesteuer bleibt unangetastet."

© SZ vom 15.10.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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