Asylpolitik:Flüchtlingskinder dürfen mehr lernen

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Nach harscher Kritik von Hilfsorganisationen intensivieren zentrale Aufnahmeeinrichtungen den Unterricht für Minderjährige

Die Kinderkommission im Landtag hat sich mit den Bildungsangeboten in den Abschiebezentren in Manching und Bamberg befasst und Sozial- sowie Kultusministerium am Donnerstag zum Rapport bestellt. Denn obwohl sich alle Parteien einig sind, dass Bildung ein Grundrecht für alle Kinder ist, standen die Angebote in den beiden sogenannten Balkanzentren zuletzt massiv in der Kritik.

Der Protest gegen das geplante Integrationsgesetz, nach dem Kinder in Aufnahme- und Rückführungseinrichtungen vom Unterricht ausgenommen sein sollten, scheint gewirkt zu haben: Seit diesem Herbst gibt es auch in Manching und Bamberg Übergangsklassen, in denen derzeit insgesamt 106 Kinder zwischen sechs und 15 Jahren von 13 Lehrern unterrichtet werden. Dem Ministerium zufolge unterscheidet sich der Unterricht nicht von dem anderer Übergangsklassen. Die Gruppen gliedern sich aber nicht nach Altersklassen, sondern nach Kenntnisstand der Kinder.

So wurde in der Aufnahmeeinrichtung Bamberg der Unterricht nach der Sommerpause deutlich intensiviert. Noch im vergangenen Schuljahr hatten Flüchtlingsorganisationen harsche Kritik an den Zuständen im Lager geübt. So habe der dort angebotene Unterricht nichts mit einem Schulunterricht nach dem Maßstab des bayerischen Schulgesetzes zu tun, kritisierte der Verein zur Unterstützung Asylsuchender in Bamberg. Jedes Schulkind habe gerade dreimal wöchentlich an je drei Stunden teilnehmen können. Vor allem habe es keinen Deutschunterricht gegeben. In einzelnen Fällen sei nicht einmal ein Schulabschluss möglich gewesen.

Ein Sprecher der Regierung von Oberfranken räumte am Donnerstag ein, man habe sich in der Sommerpause entschieden, schulpflichtigen Flüchtlingen deutlich mehr regulären Unterricht zukommen zu lassen. So werde im Berufsschulbereich 25 Stunden unterrichtet, darunter auch Deutsch. Grund- und Mittelschüler würden ebenfalls regulär beschult, unter anderem in Deutsch. 39 schulpflichtige Asylbewerber aus diesem Bereich zählt die Einrichtung, den Unterricht besuchen aber 60 Jugendliche - darunter auch Kinder, die noch gar nicht schulpflichtig sind.

Die CSU hatte stets auf eine EU-Richtlinie verwiesen, nach der die Schulpflicht in Aufnahmelagern eingeschränkt werden darf, wenn "andere Unterrichtsformen" angeboten werden. Und im Ministerium galt das Credo "Schulrecht folgt Asylrecht". Eben diese Unterrichtsformen wurden massiv kritisiert. Im Erstentwurf des Integrationsgesetzes wollte die CSU alle Kinder in Aufnahmelagern von der Schulpflicht ausschließen. In der aktuellen Version ist dieser Passus verschwunden. Gisela Sengl (Grüne), auf deren Initiative die Ministerien an die Kommission berichteten, ist zwar zufrieden damit, wolle sich trotzdem persönlich ein Bild vom Unterricht machen. Denn: "Man kann die Schulpflicht nicht einfach für eine bestimmte Gruppe von Kindern aussetzen. Bildung ist ein Grundrecht", sagte Sengl, egal ob die Kinder in Bayern bleiben oder nicht.

Insgesamt sind seit Anfang dieses Jahres schon so viele abgelehnte Asylbewerber abgeschoben worden wie im gesamten Jahr 2015. Nach aktuellen Zahlen aus dem Innenministerium mussten seit Januar mehr als 3000 Menschen den Freistaat zwangsweise verlassen - weit mehr als die Hälfte davon aus Manching und Bamberg und überwiegend in Herkunftsländer am westlichen Balkan. Dies entspricht der Belegung in den Rückführungszentren. Dort sind viele Albaner und Kosovaren und im Vergleich dazu deutlich weniger Bosnier, Serben und Mazedonier untergebracht. In Manching kommen als größte Gruppe die Ukrainer hinzu, die aber in aller Regel nicht abgeschoben, sondern zu einer "freiwilligen Ausreise" bewegt werden. Die Zahlen bei dieser freiwilligen Ausreise übersteigen die der Abschiebungen noch bei Weitem.

© SZ vom 25.11.2016 / angu, prz, kpf - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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