Volvo XC90 im Fahrbericht:Thors Hammer

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Die Preisspanne beim neuen Volvo XC90 reicht von 49 400 Euro (D5-Diesel) bis fast 77 000 Euro (T8-Benziner). (Foto: STG)
  • Der neue Volvo XC90 ist groß und schwer, kaschiert seine Ausmaße aber gekonnt.
  • Üppiges Platzangebot, hochwertige Anmutung, sichere Bedienung: innen macht er alles richtig.
  • Als Antriebsquellen kommen ausschließlich Zweiliter-Vierzylindermotoren zum Einsatz. Allerdings wirkt der D5-Diesel sehr angestrengt.
  • Das Fahrverhalten ist komfortabel, aber behände.

Von Jörg Reichle

Die gute Nachricht vorneweg. Der neue Volvo XC90 ist zwar ein ziemlich riesiges Auto, 4,95 Meter lang, 1,93 breit, 1,77 Meter hoch um genau zu sein; dazu um die zwei Tonnen schwer. Nur: er verbirgt es geschickt. Keine Lüftungsrachen, die kleine Kinder zu verschlingen drohen, keine Fensterluken à la Panzerspähwagen wie bei so manchem Konkurrenten. Stattdessen gerade Linien, sanfte Flächen, elegante Leuchten. Das Designteam um den ehemaligen VW-Gestalter Thomas Ingenlath hat es fertig gebracht, den Riesen mit seinen bis zu sieben Sitzen sozialverträglich zu kleiden.

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Und wer will, kann noch immer die Urgene der Marke erkennen: die ausgeprägten Schultern, die hochgezogenen, geknickten Heckleuchten, das Logo samt Diagonalstrebe im Grill. Und natürlich Thors Hammer. Bitte was? "Die T-förmige Grafik der Tagfahrleuchten", erklärt Gestalter Ingenlath, "nimmt formal Bezug auf den Kriegshammer, die magische Waffe des Gottes Thor aus der nordischen Mythologie." Man wird das Motiv bei so gut wie allen künftigen Volvo wiederfinden - ebenso wie die gemeinsame skalierbare Architektur namens SPA übrigens, die bis hinunter zum künftigen S60 sozusagen das Rückgrat aller Modelle bilden wird.

Innen macht der XC90 alles richtig

Der SPA-Erstling XC90 überzeugt jedenfalls auf Anhieb: enormes Raumgefühl, ein Ladevolumen zwischen gut 300 und knapp 1900 Liter, dazu bis zu sieben formschöne und bequeme Sitze in drei Reihen. Letztere falten sich mit zwei Handgriffen aus dem Boden und sind selbst für normalgroße Erwachsene tauglich. Auch die drei Einzelsessel in Reihe zwei lassen sich individuell verstellen - längs und in der Neigung - oder sogar ganz flach legen.

Groß, stilvoll, aufgeräumt: Innen macht Volvos großes SUV alles richtig. (Foto: STG)

Eingebettet ist das Ganze in einen elegant gestalteten, tadellos verarbeiteten Innenraum in Leder und Holz. Im Blickfeld hat der Fahrer neben dem hübschen Lenkrad samt üblicher Bedienmimik vor gut ablesbaren Instrumenten einen senkrecht stehenden, Tablet-artigen Touchscreen in der Mittelkonsole, über den sich Klima, Navi Radio und Telefon steuern lassen. Von den einst klassischen Bedientasten haben nur acht den Modellwechsel überlebt.

Dafür kann man bereits in der Basisausstattung auf die neueste Infotainment-Generation zugreifen, samt Bluetooth, Audio-Streaming und Internetzugang oder auf Nettigkeiten wie ein Audiosystem mit zehn Lautsprechern. Für Audiophile könnte es aber auch eine 1400 Watt-Anlage von Bowers&Wilkins mit 19 Lautsprechern sein. Dies und anderes geben diverse Ausstattungspakete und eine premiumsatte Aufpreisliste her.

Dass besonderer Komfort eines der Entwicklungsziele des XC90 war und bestens zu seinem Charakter passt, bestätigt sich beim Fahren. Erster Eindruck: Gemessen an seiner Größe bewegt sich das SUV mit seiner optionalen Luftfederung verblüffend behände. Die leichtgängige Lenkung arbeitet zielgenau und mit guter Rückmeldung, der Aufbau reagiert auf Richtungswechsel spontan und ohne zu wanken und der serienmäßige Allradantrieb bleibt in Kurven ein gut zu kalkulierender Partner. Das eher spät eingreifende ESP lässt dabei sogar noch Spielraum für etwas forcierteren Fahrspaß. Dazu muss man nicht einmal den Dynamik-Modus aktivieren.

Was zu den angebotenen Motoren führt - und damit zu konsequenter Selbstbescheidung. Nur noch vier Zylinder mit je zwei Liter Hubraum arbeiten im neuen XC90, jeweils unterstützt von Turbos, Kompressor oder Elektroantrieben. Einfachster Diesel ist derzeit noch der D5 mit 165 kW (225 PS; Verbrauch: 5,7 l/100 km; Grundpreis: ab 53 400 Euro), dem drei Monate nach dem für Juni vorgesehenen Marktstart der D4 mit 190 PS und 49 400 Euro Grundpreis folgt.

Obwohl der D5 in Deutschland das beliebteste Modell sein wird, machte er auf uns bei ersten Testfahrten einen - auch akustisch - doch sehr angestrengten Eindruck, trotz 470 Nm Drehmoment. Wer eher defensiv fährt, dem dürfte seine unaufgeregte Arbeitsweise aber durchaus behagen.

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Dichtes Sicherheitsnetz

Besser gefiel uns auf Anhieb der T6-Benziner (235 kW/320 PS); 8,0/100 km; ab 57 700 Euro), der mit der Achtgang-Automatik bestens harmoniert und auch sonst nichts anbrennen lässt. Zum Jahresende folgt noch der kleinere T5 mit 245 PS. Dritter im Bunde ist im Juni der Plug-in-Hybrid T8 Twin Engine mit immerhin 400 PS Systemleistung und einem Normverbrauch von 2,7 l/100 km. Fast 77 000 Euro kostet das gute Stück - mindestens.

Doch Volvo wäre nicht Volvo, wenn nicht die strammen Fahrleistungen eingebettet wären in ein dichtes Sicherheitsnetz - von den premiumüblichen Assistenten bis hin zu einer neuartigen Notbremshilfe, die auch auf Querverkehr an Kreuzungen reagiert, einschließlich Radfahrer und Fußgänger. Und sollte das SUV von der Straße abkommen, straffen sich die Gurte und halten die Insassen so lange an den Sitzen fest, bis es zum Stillstand kommt.

Ob der XC90 tatsächlich die Wiedergeburt der Marke Volvo bedeutet, wie Entwicklungsvorstand Peter Mertens behauptet? Könnte sein, dass das nicht einmal sonderlich übertrieben ist.

© SZ vom 21.02.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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