Museum von Ernst Piëch:Im Namen des Patriarchen

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Impressionen der Eröffnung des Museums im österreichischen Mattsee am 15.Juni 2013. (Foto: Andreas Kolarik)

Ernst Piëch erfüllt sich im Alter von 84 Jahren einen Lebenstraum. Sein neues Museum bei Salzburg ist eine Hommage an Großvater Ferdinand Porsche. Ein Rundgang.

Von Georg Kacher

Den Herbst und Winter verbringt Ernst Piëch in England. Dort baut er Wein an und genießt das milde Klima. Im Frühjahr und Sommer lebt der ältere Bruder von Ferdinand Piëch samt Gattin am Mattsee. Dort, vor den Toren von Salzburg, hat der 84jährige Enkel von Ferdinand Porsche Mitte Juni eine "neue Erlebniswelt rund um Meilensteine der Mobilität" eröffnet. Ihr Name: Fahr(T)raum.

Mit EU-Geldern und Unterstützung des Landes entstand in einer früheren Schuhfabrik ein Museum der besonderen Art: hell, einladend, kinderfreundlich, didaktisch auf neuestem Stand. Und vor allem: lebendig. Die Exponate sind keine Asservatenleichen, sondern voll funktionsfähig. Das beweist nicht nur ihre Teilnahme an Veranstaltungen wie der London-Brighton-Rallye oder dem Gaisbergrennen. Das bezeugen auch Gebrauchsspuren wie Bremsstaub-Patina, kleine Öllachen und die eine oder andere Straßenzulassung.

Eine Piëch-Sammlung ohne einen einzigen Porsche

Obwohl sich in den Hallen am Ortseingang alles um den berühmten Autopionier dreht, steht in der Sammlung kein einziger Porsche. "Stimmt, stimmt aber auch nicht," relativiert der Hausherr, dessen freundlicher Sprachduktus mit der einsilbigen Intonation des Bruders nicht viel gemein hat. "Zum einen haben wir einen original KdF-Wagen von 1938, der unter der Leitung von Ferdinand Porsche entwickelt wurde. Und zum anderen zeigen wir vom Lohner-Porsche bis zum Steyr eine Reihe österreichische Fahrzeuge, an deren Konstruktion Porsche maßgeblich beteiligt war. Ich persönlich interessiere mich besonders für die Marke Austro Daimler, wo mein Großvater in seiner frühen Schaffensphase bemerkenswerte Arbeit geleistet hat." Bemerkenswert ist auch der Bildband, den Piëch zusammen mit dem US-Autor Karl Ludvigsen zum Thema Austro Daimler verfasst hat. "Wir haben die wichtigsten Autos neu fotografiert, die Historie aufgearbeitet und präsentieren bislang unveröffentlichte Dokumente."

Fahr(T)raum spannt den Porsche-Bogen vom Lohner Mixte Hybridwagen (1901) bis zum Steyr 30 (1931). Warum kein echter Porsche mit von der Partie ist? Weil nicht der Vater, sondern der Sohn Ferry mit dem 356 das erste Auto auf die Räder stellte, das den Namen der Familie trug. Der Käfer firmierte als VW, der Silberpfeil als Auto Union, der Sascha als Austro Daimler (AD). Warum war AD damals so wichtig für Porsche, und heute für Piëch? Weil der geniale Techniker schon 1906 dort anheuerte und nicht nur Sport- und Luxuswagen konstruierte, sondern auch Flugmotoren und Militärfahrzeuge.

Was in Mattsee zu bewundern ist, entstand daher zumeist nicht in Stuttgart oder Wolfsburg, sondern in Wiener Neustadt unweit von Wien. Als AD 1923 eine Kooperation mit Steyr einging, verließ Porsche nach 17 Jahren das Unternehmen, um in Stuttgart sein eigenes Ingenieurbüro zu gründen. "Deswegen interessieren mich nur die Modelle, die bis 1923 entwickelt wurden," erklärt Ernst Piëch mit leicht verächtlichem Unterton. "Danach übernahm nämlich Karl Rabe. 1934 war dann endgültig Schluss mit der Pkw-Fertigung und dem Werk in Wiener Neustadt."

In Mattsee stehen die Exponate nicht hinter Absperrungen oder auf Podesten, sondern in Riech- und Tastweite. Wenn man sich unter die markierte Schallglocke stellt, kann man sogar das Original-Motorengeräusch hören, schön laut und in Stereo. Dazu gibt´s zu jedem Auto eine multimediale Führung, die per Touchscreen gesteuert wird. Der Chef persönlich erklärt uns sein Glanzstück, den Lohner Mixte mit Radnabenmotoren. "Wieso Mixte? Weil das hier ein Hybrid-Elektroauto ist, dessen Akku von einem Verbrenner aufgeladen wird. Als er den Lohner konstruiert hat, war mein Großvater erst 25 Jahre alt." Der Mixte wird direkt - also ohne Getriebe - über die Vorderräder angetrieben. Die Technik war aufwendig und teuer. Deshalb wurden insgesamt nur rund 300 Lohner-Porsche hergestellt.

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Rar und rustikal

Die Austro-Daimler-Flotte, die in Mattsee ihr vorläufig letztes Zuhause gefunden hat, besteht aus drei Hauptmodellen (14/28, 14/32, 28/32) sowie aus diversen Spezialkarossen und Sportwagen. Rar und rustikal ist der Jagdwagen der Baureihe AD 617, den Porsche samt Großfamilie und Haustieren für Fahrten zur Berghütte benutzte. Der Aufbau des Viertürers besteht komplett aus Holz, das riesige Stoffverdeck musste durch diverse Holzspriegel fixiert werden, das Gepäck wurde in einem ledernen Außenkoffer verstaut. Der Sechszylinder-Reihenmotor schöpfte aus 4,4 Liter Hubraum immerhin 60 PS.

Eher wie eine Karikatur wirkt dagegen aus heutiger Sicht der Kaiserwagen aus dem Jahre 1912. Die von Lohner gefertigte Karosserie war auf Wunsch von Franz Josef so hoch, dass Hoheit aufrecht ein- und aussteigen konnte, schließlich beugt "ein Kaiser sein Haupt nur vor Gott allein."

Die ersten großen Rennsiege errang Austro Daimler mit dem Prinz-Heinrich-Wagen. Ferdinand Porsche führte höchstpersönlich das Werksteam an, das 1910 auf der 1944 km langen Sternfahrt durch Deutschland die ersten drei Plätze belegte. Dank Doppelzündung war der Motor zuverlässig und leistungsstark. Die Kraft wurde zunächst per Kette, später über eine Kardanwelle an die Hinterachse übertragen. Bei der Targa Florio traten die Österreicher 1922 mit dem Typ ADS-R gegen die italienische Konkurrenz an - und gewannen auf Anhieb ihre Klasse. Der 1,1 Liter leistete zwar nur 45 PS, doch der Roadster war leicht und lag dank der beiden im Wagenboden untergebrachten Tanks satt auf der Straße. Zu Ehren des Mäzens, eines reichen Filmproduzenten, erhielt der Zweisitzer den Beinamen Sascha.

Noch schneller und puristischer war der ebenfalls von Porsche konzipierte 1929er ADR Torpedo, ein windschnittiger Spyder mit verkürztem Radstand. Hans Stuck siegte damit bei 46 Bergrennen und fuhr 41 Tagesbestzeiten.

Eingestreut zwischen Autos und den Versatzstücken der Sonderausstellung (aktuell eine Fotoserie über Steve McQueen) sind kleine Funktionsmodelle, die technische Zusammenhänge anschaulich erklären. Wie ein Differential funktioniert erfährt man hier ebenso im Selbstversuch wie das Prinzip der Drehstabfederung, die Wirkungsweise des Windkanals oder die Vorteile der fast in Vergessenheit geratenen Schwungradkühlung.

Fahr(T)raum hätte es ohne Ernst Piëch nie gegeben. Auf die Frage, ob alles so läuft wie er sich das vorgestellt hat, nickt der alte Herr mit dem Kopf. Noch Wünsche? "Wir haben eine Drehscheibe für Leihgaben installiert, da hoffe ich auf Resonanz." Und weil Autos vom Stehen nicht besser werden, dreht er im Sommer regelmäßig seine Runden. "Mitfahrer", so Piëch, "sind herzlich eingeladen."

Infos unter: www.fahrtraum.at.

Anschrift des Museums: Passauer Strasse 30, A 5163 Mattsee

© SZ vom 17.08.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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