Fritz Kuhn im Interview:"Der Bund muss den Ernst der Lage erkennen"

OB Kuhn mit neuem Elektro-Dienstwagen

Stuttgarts OB Fritz Kuhn (Grüne) fährt einen Elektro-Smart als Dienstwagen.

(Foto: Stadt Stuttgart)

Als grüner Bürgermeister kämpft Fritz Kuhn gegen Stuttgarts Feinstaub- und Stickoxid-Problem. Im Interview spricht er über Fahrverbote - und sagt, was er von Verkehrsminister Dobrindt hält.

Von Peter Fahrenholz und Thomas Harloff

Deutschlands Städte haben ein Umweltproblem. 2015 stellte das Umweltbundesamt der dpa zufolge an etwa 60 Prozent aller Stickstoffdioxid (NO₂)-Messstationen an stark befahrenen Straßen überschrittene Grenzwerte fest. Bislang kämpfen die meisten Städte vergeblich - vor allem Stuttgart. Aufgrund seiner Tallage sind die klimatischen Voraussetzungen in Baden-Württembergs Hauptstadt besonders kritisch. An der B14 rund um das Neckartor, die als Deutschlands dreckigste Straße gilt, lag die durchschnittliche NO₂-Konzentration im vergangenen Jahr bei 87 Mikrogramm pro Kubikmeter. Der EU-Grenzwert liegt bei 40 Mikrogramm.

Seit 2013 regiert die Autostadt Stuttgart ein grüner Oberbürgermeister. Fritz Kuhn ist sich der klimatischen Sorgen der Metropole durchaus bewusst. Als bislang einzige deutsche Stadt hat Stuttgart zu Jahresbeginn fünf Feinstaubalarme ausgelöst. Mit überschaubarem Erfolg zwar, aber für Kuhn ist es ein Instrument von vielen: "Wir machen praktisch alles, was wir machen können", sagt der 61-Jährige im Interview mit der Süddeutschen Zeitung. "Wir investieren in Radwege, steuern den Verkehr, dass er flüssiger wird, bauen den ÖPNV massiv aus."

"Das dauert ja alles ewig"

Bisher setzt Kuhn bei seinen Maßnahmen vor allem auf Freiwilligkeit. Aber die EU erhöht den Druck und pocht darauf, dass die deutschen Kommunen die Grenzwerte einhalten. Sollte das in Stuttgart nicht gelingen, "dann wird es 2018 auf Verbote hinauslaufen", sagt Kuhn. Andere Maßnahmen können die Städte kaum ergreifen. "Und die blaue Plakette, ebenso wie Citymaut oder Nahverkehrsabgabe, das dauert ja alles ewig. So lange können wir nicht warten."

Von der Bundesregierung fühlt sich Kuhn im Stich gelassen: "Der Bund muss endlich den Ernst der Lage erkennen. Er muss die gesetzlichen Grundlagen schaffen, damit die Kommunen die Möglichkeit haben, nach ihren Notwendigkeiten ein Instrument einzusetzen." Im SZ-Interview zielt Stuttgarts Oberbürgermeister vor allem auf Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt, der immer so tue, "als hätte er mit alldem nichts zu tun."

Außerdem spricht Fritz Kuhn über das Verhältnis zu Daimler und Porsche, wie er in seiner Stadt die Elektromobilität fördert und wie eine mit Moos bepflanzte Wand Stuttgarts Feinstaub-Problem lösen soll.

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