Biologie:Warum Frauen höhere Temperaturen bevorzugen

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Dass die Wohlfühltemperatur von Frauen höher liegt als die von Männern, ist wissenschaftlich erwiesen. Doch woran liegt das? (Foto: Ekaitz Gerique via www.imago-images.de/imago images/Addictive Stock)

Nicht nur bei Menschen, sondern auch im Tierreich scheint es zwischen den Geschlechtern ein unterschiedliches Wärmempfinden zu geben. Das soll womöglich das Verhalten steuern.

Von Christoph von Eichhorn

Mit der kalten Jahreszeit beginnt in vielen Wohnzimmern der Kampf um die richtige Heizungseinstellung: Lieber ein bisschen aufdrehen, damit es kuschlig warm wird, oder besser Heizkosten sparen und der Kälte mit einer zusätzlichen Schicht Kleidung trotzen? Der Konflikt geht aber über finanzielle Aspekte hinaus, er berührt auch Fragen der Geschlechtergerechtigkeit. Wie mittlerweile einige Studien ermittelt haben, fühlen sich Frauen im Schnitt bei etwas höheren Temperaturen wohler als Männer. Der Unterschied bei der Wohlfühltemperatur beträgt laut einer chinesischen Erhebung immerhin rund ein Grad Celsius - damit sind Konflikte an Winterabenden biologisch gesehen praktisch programmiert.

Weitgehend ungeklärt ist jedoch der Grund für das unterschiedliche Temperaturempfinden. Die Biologen Eran Levin und Tali Magory Cohen von der Universität Tel Aviv haben sich der Frage nun aus einer eher ungewöhnlichen Richtung angenähert. Sie haben untersucht, ob es auch im Tierreich bei Männchen und Weibchen unterschiedliche Wohlfühltemperaturen gibt - und damit womöglich eine evolutionäre Erklärung.

Männliche Fledermäuse hielten sich auf einem kühlen Berg auf, die Weibchen mochten es wärmer

Fündig wurde das Team bei Vögeln und Fledermäusen. Dem Fledermaus-Experten Levin war bei früheren Untersuchungen aufgefallen, dass sich Kolonien insbesondere rund um die Geburt des Nachwuchses in Männchen und Weibchen teilen. Während die männlichen Exemplare dann auf dem kühlen Berg Hermon im Norden Israels zu finden sind, zieht es die Weibchen zum wärmeren See Genezareth weiter südlich.

Das Team untersuchte das Phänomen daraufhin systematisch: Die Forscher analysierten Daten von insgesamt 11 000 Fledermäusen und Zugvögeln, die in den letzten 40 Jahren erhoben wurden - etwa um die Tiere zu Forschungszwecken mit Ringen zu versehen. Insgesamt umfasste die im Fachblatt Global Ecology and Biogeography erschienene Studie damit 13 Arten von Zugvögeln sowie 18 Fledermaus-Spezies. So konnten die Biologen sowohl bei Fledermäusen als auch bei Zugvögeln bestimmte Temperaturvorlieben messen. Allgemein galt, dass die Männchen eher an kühleren Orten anzutreffen waren, während die Weibchen wärmere Umgebungen bevorzugten.

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Dass die Unterschiede bei derart vielen verschiedenen Arten bestehen, lässt die Forscher evolutionäre Gründe dahinter vermuten. Das unterschiedliche Temperaturempfinden bei Männchen und Weibchen könnte demnach dafür sorgen, dass diese sich zu bestimmten Zeiten aus dem Weg gehen. Insbesondere wenn Nachwuchs zur Welt kommt, brauchen die Weibchen viel Ruhe. Die unterschiedliche Wohlfühltemperatur könnte auf natürliche Weise dafür sorgen, dass Männchen zu solchen sensiblen Zeiten ihrer eigenen Wege gehen.

Laut den Wissenschaftlern sind Vögel und Fledermäuse gut geeignet, um die unterschiedliche Temperaturwahrnehmung zu erforschen, da sie schnell auf ihre Umwelt reagieren können - und einfach an wärmere Orte fliegen, wenn sie frieren. Auch bei landlebenden Säugetieren sind geschlechtsspezifische Temperaturvorlieben bekannt. So zieht es männliche Steinböcke tagsüber in größere, kühlere Höhenlagen als weibliche. Weibliche Zwerglemuren-Affen bevorzugen - in Gegenwart von Artgenossinnen - wärmere Umgebungen, während männliche Lemuren eher alleine an kälteren Orten anzutreffen sind.

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