Wissenschaft:Studie: Arbeiter brachten Steine für Verbotene Stadt mit Schlitten

Lesezeit: 2 min

Washington/Peking (dpa) - Die Erbauer des Kaiserpalastes in China haben nach einer Studie riesige Steine per Schlitten auf künstlichen Eisbahnen transportiert.

Direkt aus dem dpa-Newskanal

Washington/Peking (dpa) - Die Erbauer des Kaiserpalastes in China haben nach einer Studie riesige Steine per Schlitten auf künstlichen Eisbahnen transportiert.

Das Verblüffende daran: Als die Verbotene Stadt vor etwa 600 Jahren in Peking errichtet wurde, waren in China Gefährte mit Speichenrädern schon seit 3000 Jahren bekannt. Der chinesische Ingenieurwissenschaftler Jiang Li hat mit zwei Kollegen jetzt herausgefunden, welche Vorteile der Schlittentransport brachte. Die Ergebnisse veröffentlichte das Team in den „Proceedings“ der US-Nationalen Akademie der Wissenschaften (PNAS).

In einem Dokument aus der Bauphase fanden die Forscher einen Bericht über den Transport eines 123 Tonnen schweren Steins. Mit einer besonderen Technik bewältigten die Arbeiter die 70 Kilometer lange Strecke vom Steinbruch bis nach Peking: Sie schütteten Wasser auf den eisigen Untergrund und ließen den Schlitten darüber gleiten. Um genügend Wasser zu haben, gruben sie alle 500 Meter einen Brunnen.

Die Forscher verglichen nun verschiedene Möglichkeiten, die aus der Antike bekannt sind, um einen 123 Tonnen schweren Stein zu transportieren. Dann ermittelten sie anhand des jeweiligen Reibungskoeffizienten den geschätzten Bedarf an Männern, die den Schlitten zogen: Für einen Schlitten auf trockenem Untergrund wären es 1537 Männer gewesen, für einen Schlitten auf einem Wasserfilm mit einem Holzuntergrund immer noch 358 Männer. In einer ähnlichen Größenordnung liegt der Transport auf hartem Eis. Erst das ständige Bewässern des Eises führt zu einem Gleitfilm, der vermutlich nur 46 Männer für den Transport erforderlich machte.

Eine große Rolle bei der Entscheidung für diese Transportmethode spielte den Experten zufolge auch die Witterung: Damals lag in Peking die Durchschnittstemperatur im Januar bei etwa minus 3,7 °C. Bei dieser Temperatur gefriert Wasser nicht vollständig innerhalb von zwei Minuten. Diese Zeit reichte, um den Schlitten über die gerade bewässerte Stelle zu ziehen und auf dem Wasserfilm gleiten zu lassen.

Jiang Li und seine Kollegen nennen noch weitere Gründe für den Schlittentransport: Eine Quelle besagt, dass die Obergrenze für einen Wagentransport damals bei etwa 95 Tonnen lag. Die Eisfläche sei zudem viel glatter als der holprige Transport auf einem Wagen, bei dem der Stein beschädigt werden konnte. Auch lasse sich der Schlitten auf Eis leichter lenken als auf rollenden Holzstämmen.

Im Übrigen wird die Methode in Nordchina gelegentlich noch heute angewendet, wie die Forscher betonen. In der Provinz Heilongjiang wurde im Januar und Februar 2013 ein 1200 Tonnen schweres Gebäude einer Eisenbahnstation auf einer künstlichen Eisbahn transportiert.

Die Verbotene Stadt gilt als Meisterwerk der chinesischen Architektur. Sie bot einst der kaiserlichen Familie Schutz. Mehrere hundert Jahre lang war sie für normale Bürger gesperrt. Seit 1987 gehört der Palastkomplex, der bis heute von einer großen roten Mauer umgeben ist, zum Unesco-Welterbe.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: