Covid-19:WHO: Chinas mangelnde Corona-Transparenz "unentschuldbar"

Lesezeit: 1 min

Wandmalerei mit Maske: Weltweit griff das Coronavirus in das Leben der Menschen ein. (Foto: FRANCIS MASCARENHAS/REUTERS)

Auch drei Jahre nach Beginn der Covid-Pandemie ist der Ursprung von Sars-CoV-2 ungeklärt. Der Weltgesundheitsorganisation zufolge läuft die Zeit davon.

Mit ungewöhnlich scharfen Worten hat die ranghöchste Covid-19-Expertin der Weltgesundheitsorganisation (WHO), Maria Van Kerkhove, Chinas Kooperation bei der Erforschung des Coronavirus angemahnt. Van Kerkhove kritisierte in einem Kommentar in der renommierten US-Fachzeitschrift Science, dass chinesische Wissenschaftler Daten von Virenproben aus der Metropole Wuhan drei Jahre lang zurückgehalten haben.

"Die mangelnde Offenlegung von Daten ist einfach unentschuldbar", schrieb die Epidemiologin. Die WHO erfuhr erst Mitte März dieses Jahres von bestimmten genetischen Informationen aus der zentralchinesischen Metropole, nachdem diese kurzzeitig auf einer internationalen Datenbank zugänglich waren.

SZ PlusUrsprung von Sars-CoV-2
:Hinweise auf Marderhund als Überträger von Corona in Wuhan

Eine Gruppe von Wissenschaftlern hat alte Erbgutspuren aus der chinesischen Stadt Wuhan neu untersucht. Die Gen-Daten deuten darauf hin, dass Sars-CoV-2 von Tieren auf Menschen gewechselt haben könnte.

Von Hanno Charisius

Die Daten liefern Hinweise, dass der Markt in Wuhan womöglich Ausgangsort der ersten Verbreitung des Virus war. Nötig seien laut Van Kerkhove weitere Blutuntersuchungen von Arbeitern der Lebendtiermärkte in Wuhan und der Zuchtfarmen der Tiere.

Die WHO-Expertin forderte die sofortige Bereitstellung von relevanten Daten zum Ursprung des Virus. Je mehr Zeit verstreiche, desto schwerer werde die Forschungsarbeit, die für die Verhinderung künftiger Ausbrüche wichtig sei. "Die Zeit läuft davon", warnte sie.

"Die Welt muss sich von der Schuldzuweisungspolitik verabschieden."

Anfang März hatten Aussagen von FBI-Direktor Christopher Wray in den USA Spekulationen über eine Laborpanne in China als Ursprung des Coronavirus neu entfacht. Van Kerkhove betonte, dass alle Hypothesen zum Ursprung des Virus aufrechterhalten blieben, solange nicht genug Informationen vorlägen. China habe etwa Ergebnisse seiner Labor-Überprüfungen noch nicht bereitgestellt. Außerdem habe die WHO noch immer keinen Zugriff auf Rohdaten über die ersten Corona-Fälle in China.

Seit Beginn der Pandemie hat China die Sorge, dass ihm die Schuld für den weltweiten Ausbruch zugeschoben wird. Die chinesische Regierung und Staatsmedien verfolgen seither eine massive Desinformationskampagne, die auf die Möglichkeit abhebt, dass das Virus auch aus dem Ausland stammte. Die Rivalität mit den USA und die Debatte über die Laborthese haben die Frage nach der Herkunft des Virus zunehmend politisiert. Erst im Jahr 2021 konnte eine gemeinsame Untersuchungskommission mit WHO-Experten nach Wuhan reisen. Weitere Forschungsreisen kamen nicht zustande.

"Die WHO fordert China und alle Länder weiterhin auf, alle Daten über die Herkunft von Sars-CoV-2 unverzüglich auszutauschen", schrieb Van Kerkhove. "Die Welt muss sich von der Schuldzuweisungspolitik verabschieden." Stattdessen solle sie alle diplomatischen und wissenschaftlichen Ansätze nutzen, um zusammenzuarbeiten, Lösungen zu finden und zukünftige Pandemien zu vereiteln.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusCoronavirus
:"Die Nachrichtendienste und der Rest der Regierung sind noch dabei, die Sache zu prüfen"

Der Ursprung des Coronavirus ist nach wie vor nicht klar. In den USA ist nun erneut die These aufgekommen, es sei bei einem Unfall aus einem chinesischen Hochsicherheitslabor entkommen. Was dafürspricht und was dagegen.

Text: Hanno Charisius, Illustration: Stefan Dimitrov

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: