Weltraumforschung:Geringes Budget bedroht US-Raumfahrtpläne

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In den USA stehen die geplanten Mond- und Marsmissionen auf der Kippe - wegen massiver Unterfinanzierung. Hohe Kosten bemängeln auch die Kritiker deutscher Mondreisepläne.

In Deutschland sorgt Raumfahrt-Koordinator Peter Hintze (CDU) mit seinem Vorstoß für eine unbemannte deutsche Mondmission für Aufregung - in den USA drohen derweil die Pläne der US-Regierung für eine Rückkehr des Menschen zum Mond oder einen bemannten Flug zum Mars an der Finanzierung zu scheitern.

Der Mond über Cape Canaveral: Experten fordern eine Verlängerung der Space-Shuttle-Flüge zur ISS. (Foto: Foto: AFP)

Wie ein von US-Präsident Barack Obama eingesetztes Expertenteam am Mittwoch in Washington mitteilte, reicht das bislang geplante Budget in Höhe von neun Milliarden US-Dollar (etwa 6,3 Mrd. Euro) pro Jahr für derlei Erkundungen bei weitem nicht aus.

Mindestens drei weitere Milliarden Dollar jährlich seien nötig, sagte die ehemalige Astronautin Sally Ride bei einer öffentlichen Sitzung des Gremiums. Vor einer Unterfinanzierung wichtiger Nasa-Projekte warnte auch die amerikanische Nationale Akademie der Wissenschaften.

Die unabhängigen Experten, die das gesamte bemannte Raumfahrtprogramm der USA unter die Lupe nehmen sollen, wollen am Freitag mit Regierungsvertretern und Nasa-Entscheidungsträgern zusammenkommen. Ihr Bericht soll bis Ende des Monats fertig sein.

Darin werden jedoch keine konkreten Empfehlungen gegeben, sondern vor allem Möglichkeiten aufgezeigt, wie beispielsweise nach dem Auslaufen des Space-Shuttle-Programms zu verfahren ist, wie man eine neue Generation von Raumschiffen ins All bekommt oder wie es mit der Internationalen Raumstation ISS weitergehen könnte.

Unter anderem sprachen sich die Experten für eine Verlängerung der Space-Shuttle-Flüge zur ISS bis mindestens 2011 aus, um beim Ausbau der Raumstation nicht unter Zeitdruck zu geraten. Nach bisherigen Nasa-Planungen sollen die Shuttles im kommenden Jahr ausgemustert werden.

Er sei erstaunt, dass keines der bislang geplanten Projekte zur bemannten Raumfahrt mit den dafür vorgesehenen Mitteln zu finanzieren sei, sagte der Vorsitzende des Gremiums, der frühere Chef des US-Luft- und Raumfahrtunternehmens Lockheed, Norman Augustine. Es mache der Nasa seit Jahren zu schaffen, "dass man Ziele verfolgt, ohne über die Ressourcen zu verfügen, sie zu erfüllen", sagte er.

"Hintzes Luftbuchungen"

Und da man dabei nicht mitmachen wolle, sage man jetzt, "wie es ist". Generell dürfe man von den Plänen für einem bemannten Flug zum Mars aber nicht abrücken. Dies müsse das ultimative Ziel der menschlichen Raumfahrt bleiben, unterstrichen die Experten.

Auch die amerikanische Nationale Akademie der Wissenschaften warnte vor knappen Mitteln bei der US-Weltraumbehörde Nasa. So fehle schon jetzt das Geld, um mögliche Killer-Asteroiden umfassend zu überwachen. Der US-Kongress hatte die Nasa 2005 beauftragt, bis zum Jahr 2020 90 Prozent aller großen, erdnahen Asteroiden ausfindig zu machen und zu überwachen.

Allerdings habe es die Politik versäumt, die notwendigen Mittel zur Verfügung zu stellen, zitiert das Raumfahrt-Portal space.com aus dem Akademie-Bericht. Wissenschaftler schätzen, dass sich etwa 100.000 Asteroiden und Kometen in der Nähe der Erde befinden. Bei 20.000 davon bestehe die Gefahr eines Einschlages auf der Erde.

Die Nasa spürte laut space.com bislang 6330 dieser Himmelsobjekte auf. 1000 davon sind in Umlaufbahnen unterwegs, die in der Zukunft eine mögliche Gefährdung der Erde darstellen könnten, sagte Nasa-Experte Lindley Johnson.

In Deutschland stößt unterdessen der Plan für eine deutsche Mondreise von Wirtschafts-Staatssekretär Hintze auf deutlichen Widerstand - vor allem wegen der massiven Kosten von 1,5 Milliarden Euro. Der Grünen-Experte Peter Hettlich wandte sich gegen nationale Alleingänge: "Das ist Verschwendung von Steuergeld", sagte er der Berliner Zeitung.

SPD-Forschungsexpertin Carola Reimann warf Hintze vor, dass "er in Zeiten wegbrechender Steuereinnahmen unseriöse Luftbuchungen" vornehme. Auch die Linken übten scharfe Kritik an den Plänen für "Peterchens Mondfahrt". Haushaltsexpertin Gesine Lötzsch meinte: "Die Bundesregierung verliert jede haushaltspolitische Glaubwürdigkeit, wenn sie in Anbetracht dramatischer Steuereinbrüche immer neue Milliardenprogramme ankündigt."

Einzig die FDP begrüßte Hintzes Vorstoß. "Der Mond kann uns viel über die Erde sagen", sagte die technologiepolitische Sprecherin der Liberalen, Ulrike Flach, der Berliner Zeitung. Die Raumfahrt sei ein wichtiger Wirtschaftsfaktor und habe sehr konkrete Bezüge zu Klima- und Umweltschutz, Flugsicherheit sowie Satellitennavigation. Die Finanzierung einer Mondmission erscheine machbar, wenn im Bundeshaushalt entsprechend umgeschichtet wird.

Hintze selbst berichtete, es habe "im Kabinett interessierte und freudige Gesichter" gegeben, als er seine Pläne der Bundesregierung am Mittwoch vorgeschlagen habe. Der CDU-Politiker plädiert aus forschungs- und wirtschaftspolitischen Gründen für eine unbemannte deutsche Mondlandung. Die politische Entscheidung für ein solches Vorhaben, das etwa 1,5 Milliarden Euro binnen fünf Jahren kosten würde, kann Hintze zufolge aber erst nach der Bundestagswahl im September fallen.

© AP/dpa/Reuters/gal - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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