Mehr als zehn Grad lagen die Temperaturen im Juli über dem langjährigen Durchschnitt. Geregnet hatte es kaum, 13 Millimeter fielen von Mai bis Juli. So brachen im Sommer 2018 die größten Waldbrände aus, die Schweden seit mehr als hundert Jahren erlebt hatte. 30 000 Hektar verbrannten, zu viel für das dünn besiedelte Land: Einsatzkräfte aus mehreren europäischen Staaten halfen schließlich mit, um die Brände unter Kontrolle zu bringen.
Hohe Temperaturen, geringe Luftfeuchtigkeit, trockene Böden, wenig Wind: Bedingungen wie damals in Schweden bezeichnen Experten als "Feuerwetter", da sie die Ausbreitung von Waldbränden begünstigen. Forscher des Europäischen Zentrums für mittelfristige Wettervorhersage im britischen Reading haben nun untersucht, wie der Klimawandel solche Verhältnisse beeinflusst. Im Fachmagazin Npj Climate and Atmospheric Science berichten sie, dass sich das Risiko für extreme Feuerereignisse in Teilen Europas bis zum Ende des Jahrhunderts auf rund das Zehnfache erhöhen könnte.
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Bereits seit Jahren erlebt Europa einen Anstieg zerstörerischer Waldbrände. Zwar lösen Menschen geschätzt 96 Prozent der Feuer aus, sei es durch Brandstiftung oder wegen achtlos fallen gelassener Zigarettenstummel. Doch die meteorologischen Bedingungen bestimmen dann, wie stark sich ein Brand ausbreiten kann, so die britischen Forscher. Ein Maß dafür ist der Feuerwetter-Index FWI, eine Kombination aus Niederschlägen, Temperaturen, Luftfeuchtigkeit und Wind.
Zunächst analysierten die Wissenschaftler anhand langjähriger Wetterdaten die Feuergefahr in Europa von 1980 bis in die Gegenwart. Anschließend simulierten sie, wie sich die steigenden globalen Temperaturen auf das Feuerrisiko auswirken. Dabei gehen sie von einem mittleren Szenario für die Erderwärmung aus, wie es anhand der derzeitigen politischen Anstrengungen zu erwarten ist: eine globale Erwärmung um zwei Grad bis zur Mitte des Jahrhunderts und um drei Grad bis zum Ende des Jahrhunderts, verglichen mit dem vorindustriellen Niveau.
Die Waldbrand-Saison in Europa dürfte künftig eine Woche länger dauern als bislang
In Europa dürfte das laut der Analyse dazu führen, dass sich das Waldbrand-Risiko auf rund der Hälfte der Fläche in etwa verdoppelt. Extremes Feuerwetter, wie es derzeit alle 20 Jahre vorkommt, würde dann im Schnitt alle zehn Jahre auftreten. Doch das Risiko wächst nicht überall gleich. In Spanien, Südfrankreich, dem Süden Italiens, in Griechenland und der Türkei könnte die Gefahr extremer Waldbrände lokal auf das Zehnfache ansteigen. Bedingungen, die heute alle 20 Jahre auftreten, würden dann in jedem zweiten Sommer herrschen.
Im Süden Europas wirkten sich insbesondere die steigenden Temperaturen auf das Waldbrand-Risiko aus, so die Forscher. Abnehmende Niederschläge fielen rund um das Mittelmeer hingegen nicht so gravierend ins Gewicht - was daran liegen könnte, dass die Region ohnehin bereits sehr trocken ist. Im Norden Europas ist es umgekehrt: Hier steigern abnehmende Niederschläge im Sommer das Waldbrand-Risiko, während die Entwicklung der Temperaturen eine untergeordnete Rolle spielt. Insgesamt dürfte sich die Waldbrand-Saison in Europa durchschnittlich um rund eine Woche verlängern.
Die Intensität eines Feuers hänge jedoch nicht nur vom Wetter ab, "sondern auch vom Brennmaterial", gibt der Feuerökologe Johann Goldammer von der Universität Freiburg zu bedenken. In Griechenland seien die schweren Waldbrände der vergangenen Jahre beispielsweise auch auf die Landflucht der Bevölkerung zurückzuführen: Wo vorher Schafe gehütet oder Olivenhaine bewirtschaftet wurden, erobere sich die Natur Räume zurück. "Das Land überwächst mit Vegetation", sagt Goldammer. In der Folge stehe einem Feuer auch mehr brennbares Material zur Verfügung. Viele Studien zu dem Thema würden die Vegetation vor Ort jedoch nicht mit betrachten, kritisiert Goldammer.
Die Autoren der aktuellen Arbeit gehen davon aus, dass das brennbare Material in Europa in etwa gleich bleibt, weisen aber darauf hin, dass auch eine schrumpfende Vegetation denkbar wäre: Vertilgt ein Brand in einem Jahr besonders viel Biomasse, steht in den darauffolgenden Jahren weniger Brennstoff zur Verfügung, was das Feuerrisiko wieder senkt. Zugleich schwächen heißere Sommer generell die Wälder, was zu mehr abgestorbenen Bäumen führen kann - leichtere Beute im Falle eines Waldbrands. "Längere Trockenheit und Hitze", sagt Feuerökologe Goldammer, "lassen das Waldbrand-Problem zweifellos größer werden".