Sassnitz:Rügen: Behörden prüfen Rechtmäßigkeit von Greenpeace-Aktion

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Greenpeace-Aktivisten versenken vor der Ostsee-Insel Rügen große Granitblöcke im Meer. (Foto: Stefan Sauer/dpa)

Aktivisten der Umweltorganisation Greenpeace haben auch am Montag große Granitsteine im Meeresschutzgebiet Adlergrund östlich von Rügen versenkt. Seit Beginn...

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Sassnitz/Bonn/Schwerin (dpa/mv) - Aktivisten der Umweltorganisation Greenpeace haben auch am Montag große Granitsteine im Meeresschutzgebiet Adlergrund östlich von Rügen versenkt. Seit Beginn der Aktion am Wochenende seien 60 Felsbrocken ins Wasser gebracht worden, sagte Cornelia Deppe-Burghardt von Greenpeace der Deutschen Presse-Agentur.

Mit den bis zu einer Tonne schweren Natursteinen wollen die Aktivisten verhindern, dass Fischer mit Grundschleppnetzen den Meeresboden „durchpflügen“ - auch wenn dies legal sei, wie die Organisation mitteilte. Durch Grundschleppnetze gerieten artenreiche Steinriffe und Miesmuschelbänke in Gefahr. Ein Aktivist meinte, mit 150 bis 200 Steinbrocken könne das Schutzgebiet Adlergrund komplett vor der Grundschleppnetzfischerei geschützt werden.

Am Dienstag soll die Aktion fortgesetzt werden, wie Deppe-Burghardt sagte. Dann will das Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt des Bundes in Stralsund als zuständige Behörde entscheiden, ob die Greenpeace-Aktion rechtmäßig ist oder nicht. Mit der Prüfung sei am Montag begonnen worden, sagte eine Sprecherin der Behörde. Das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrografie in Hamburg gab eine Warnung an Fischer vor den neuen Hindernissen im Adlergrund heraus. Für die Überwasserschifffahrt werde aber keine Gefahr gesehen, hieß es.

Nach einer ähnlichen Aktion im Jahr 2008 am Außenriff der Nordseeinsel Sylt hatte Greenpeace juristisch Ärger bekommen. Ein Gericht untersagte der Umweltorganisation damals unter Strafandrohung, weiter Steine dort zu versenken. Nach Einschätzung von Deppe-Burghardt hat sich die Aktion damals jedoch positiv auf die Meeresumwelt vor Sylt ausgewirkt. An den Felsbrocken seien neue Biotope entstanden.

Aus Sicht des Bundesamtes für Naturschutz ist die Einbringung der Steine illegal. Außerdem werde durch solche Aktionen kein Mehrwert für die Natur erreicht, zumal die vorgesehenen nationalen und internationalen Prozesse zum Schutz des Adlergrundes bereits eingeleitet worden seien, erklärte die Präsidentin des Bundesamtes, Beate Jessel. Diese benötigten aber längere Zeiträume, bis sie mit allen Betroffenen abgestimmt seien. Die aktuelle Versenkung von wenigen Steinen durch Greenpeace könne sogar kontraproduktiv für den Schutz des Gebietes sein. „Rechtliche Schritte werden derzeit geprüft.“ Auch aus Sicht des Bundesamtes für Naturschutz sei die Fischerei ein massives Problem. Regelungen könnten jedoch nur im EU-Kontext und in Abstimmung mit den Anrainerstaaten getroffen werden, betonte Jessel.

Auch der Fischereiverband Mecklenburg-Vorpommern hält die Aktion vor Rügen für illegal. „Das ist Selbstjustiz“, kritisierte der Vorsitzende Michael Schütt. Die Aktion findet auf See in der Ausschließlichen Wirtschaftszone statt. Deshalb sind Bundesbehörden zuständig.

Umweltminister Till Backhaus (SPD) kritisierte die Aktion: „Es ist schon fast als makaber zu bezeichnen, wenn Greenpeace einen Berufsstand, der quasi vor der Auflösung steht, zum Sündenbock macht für die gesamte Misere der Ostsee. Von den 1390 Fischern im Haupterwerb im Jahr 1989 sind noch 211 geblieben. Weitere Betriebsaufgaben sind angekündigt.“ Die Probleme, etwa beim Hering, seien nicht allein auf die Überfischung zurückzuführen. Umweltfaktoren wie die Erderwärmung hätten daran erheblichen Anteil. „Wir haben große Anstrengungen zu leisten, um für eine Verbesserung des Zustandes zu sorgen. Das betrifft auch den Einfluss der Landwirtschaft auf die Gewässerqualität.“

Deutschland hat Greenpeace zufolge bereits 2007 fast die Hälfte seiner Meeresgebiete als Schutzzonen ausgewiesen. Auch die Pläne für ein Verbot bodenzerstörender Fischerei im Schutzgebiet Adlergrund sind demnach längst fertig. Allerdings fehle der politische Wille, sie umzusetzen, prangert Greenpeace an. Der Meeresschutz bestehe lediglich auf dem Papier. Selbst in ausgewiesenen Schutzgebieten der Nord- und Ostsee sowie dem Nationalpark Wattenmeer erlaube die Bundesregierung weiter Ölausbeutung, Fischerei sowie Sand- und Kiesabbau.

Der fischereipolitische Sprecher der CDU-Fraktion im Landtag, Burkhard Lenz, kritisierte die Versenkung von Granitblöcken vor Rügen scharf: „Die Fischer in unserem Land haben durch EU-Verordnungen eigentlich schon genug Sorgen“, sagte er. „Jetzt werden einem kompletten Wirtschaftszweig in einer strukturschwächeren Region auch noch durch PR-Aktionen fragwürdiger Umweltschützer Steine in den Weg gelegt.“ Der agrarpolitische Sprecher der AfD-Fraktion, Ralf Borschke, sprach von „kriminellem Treiben“ von Greenpeace. Der Fischfang hingegen sei erlaubt und eine wichtige Einnahmequelle für der Region.

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