Stromversorgung:Warum viele Uhren gerade falsch ticken

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Der schnelle Blick auf die Uhr der Mikrowelle ist derzeit leider oftmals nicht verlässlich. Grund sind Schwankungen im Stromnetz. (Foto: Franziska Gabbert/dpa-tmn)
  • Viele Radiowecker oder die eingebauten Uhren an Herden und Mikrowellen gehen zur Zeit falsch.
  • Das liegt daran, dass seit Mitte Januar von den Verbrauchern mehr Strom aus dem europäischen Stromnetz entnommen als von den Versorgern eingespeist wird.
  • Wie der Verbund der europäischen Stromnetzbetreiber Entso-E am Dienstag mitteilte sind Übertragungsnetzbetreiber aus dem Kosovo und Serbien Verursacher der verstellten Uhren.

Von Hanno Charisius

Wenn es im eng getakteten morgendlichen Familienleben in den vergangenen Wochen etwas geknirscht hat, muss das nicht am bockigen Nachwuchs oder der Wintermüdigkeit gelegen haben. Es könnte auch mit dem schwächelnden europäischen Stromnetz zusammenhängen, dem seit Mitte Januar von den Verbrauchern immer wieder mehr Strom entnommen als von den Versorgern eingespeist wird. Das führt zu Schwankungen in der Frequenz, mit der Wechselstrom in Europa normalerweise durch die Leitungen zittert. Und das führt dazu, dass Uhren, die direkt am Stromnetz hängen und die Netzfrequenz für die Zeitmessung nutzen, nicht mehr genau wissen, wie spät es eigentlich ist. Dazu zählen viele Radiowecker oder die eingebauten Uhren an Herden und Mikrowellen, die in vielen Haushalten den Takt vorgeben.

Wie der Verbund der europäischen Stromnetzbetreiber Entso-E am Dienstag mitteilte sind Übertragungsnetzbetreiber aus dem Kosovo und Serbien Verursacher der verstellten Uhren. Weil sie ihrer Verpflichtung nicht nachkommen, das Stromnetz auf 50 Hertz zu halten und die meisten europäischen Stromnetze miteinander verbunden sind, werden die Spannungsabsacker in ganz Europa spürbar.

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Auch Maschinen können bei starken Abweichungen von der 50-Hertz-Norm Schaden nehmen

In seiner Mitteilung betont der Verbund der Netzbetreiber, dass es einer politischen Lösung für das andauernde Problem bedarf. Schnelles Handeln der Europäischen Union und der nationalen Regierungen sei notwendig, um eine Lösung zu finden. Jürgen Ripperger vom Verband für Elektrotechnik und Elektronik betont, dass die Schwankungen bislang noch "innerhalb der Regelwerte liegen, die vom Gesetzgeber festgelegt wurden". Tatsächlich waren die Abweichungen vom Wunschwert in den letzten Wochen gering, meist betrugen sie deutlich weniger als 0,1 Hertz. Laut Entso-E darf die Frequenz nicht unter 47,6 Hertz fallen oder über 52,4 Hertz steigen, sonst droht der Zusammenbruch des Netzes, ein Blackout. Seit Mitte Januar lag die durchschnittliche Frequenz bei 49,996 Hertz.

Eine möglichst gleichbleibende Wechselstromfrequenz ist indes nicht nur wichtig für Menschen, die ihren Tagesrhythmus mit am Stromnetz hängenden Uhren synchronisieren, um Busse, Straßen- oder U-Bahnen zu erwischen, auch Maschinen können bei starken Abweichungen von der 50-Hertz-Norm Schaden nehmen. Wer damit zurechtkommt, hinter der Zeit zu leben, braucht seine Uhren nicht zu verstellen. Die europäischen Stromnetzbetreiber planen eine "Kompensationsprogramm", um die verlorenen Hertz wieder aufzuholen.

© SZ vom 07.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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