Insektenkundler bewundern seit langem die schiffsbauerischen Fähigkeiten der Feuerameisen ( Solenopsis invicta). Die Tiere befahren vor allem in Südamerika Flüsse mit floßähnlichen Gebilden, die allein aus Mitgliedern der eigenen Art bestehen.
Manchmal schließen sich nur 500, manchmal Millionen der sozialen Insekten zusammen, um Regenfluten schwimmend zu überstehen oder in wochenlangen Fahrten die Welt zu erkunden und neue Siedlungsgründe zu erschließen. Ungeklärt war bislang jedoch eine technische Frage: Wieso gehen sie eigentlich nicht unter?
Zwar können einzelne der bis zu 4,5 Millimeter langen Ameisen über Wasser laufen - dank dessen Oberflächenspannung und einzelner, am Körper anhaftender Luftbläschen. Aber wenn Tausende Ameisen übereinanderstehen, müsste ihr kollektives Gewicht den Gesetzen der Physik zufolge eigentlich zum Untergang führen.
Erst jetzt haben Ingenieure um Nathan Mlot vom Georgia Institute of Technology das Geheimnis der unsinkbaren Ameisen-Flöße geklärt ( PNAS, online), indem sie die Tiere erst mit flüssigem Stickstoff schockfrosteten und dann mit einem Elektronenrastermikroskop im Detail untersuchten. Dabei fanden sie heraus, dass die Insekten sich mit Mundwerkzeugen und Hinterbeinen so eng aneinanderklammern, dass eine extrem dichte Struktur entsteht, in die kein Wasser eindringen kann.
Die Luft zwischen den Ameisen sorgt dann für den nötigen Auftrieb. Die Gesamtheit der Tiere bildet sozusagen eine kooperative Luftmatratze, die im Vergleich zu menschengemachten Wasserfahrzeugen sogar einen entscheidenden Vorteil besitzt: Sie kann sich selbst reparieren.
Als die Forscher einzelne Ameisen aus dem Schwimmverbund entfernten, krabbelten sofort Ameisen von unten nach, um die Lücke zu schließen und damit die Dicke des Floßes und seine Tragfähigkeit zu bewahren. Beeindruckend war auch die Geschwindigkeit, mit der die Tiere sich zu einem Floß zusammenschlossen: In den Laborversuchen mit 1000 bis 7000 Ameisen benötigten diese nur rund 100 Sekunden.
Diese Eigenschaften des Ameisenfloßes unterstützen nach Ansicht der Studienautoren erneut die These, dass Ameisenkolonien dermaßen gut kooperieren, das man sie auch als einzelne Superorganismen verstehen kann: Sie können sich selbst zusammenbauen und auch heilen, so wie man es sonst in der Tierwelt nur von einzelnen, abgeschlossenen Organismen kennt.