Schmutz statt Sensation in der Antarktis:Doch keine neuen Mikroben im Wostoksee

Lesezeit: 1 min

Noch niemand hat den Wostoksee gesehen, denn er liegt unter dem Eis. Immerhin ist er auf Radaraufnahmen der Nasa zu sehen. (Foto: Nasa)

Russische Wissenschaftler haben sich zu früh über eine angeblich bislang unbekannte Bakterienart aus dem Wostoksee in der Antarktis gefreut. Es sind keine Mikroben, sondern Schadstoffe.

Die Begeisterung über den Fund währte nur kurz. Sie hätten im Wostoksee in der Antarktis eine neue Bakterienart entdeckt, hatte Sergej Bulat vom Institut für Atomphysik in St. Petersburg vergangene Woche verkündet.

Am Samstag jedoch korrigierte der Direktor des Genetik-Labors des Instituts, Wladimir Korolew, die Meldung: Bei den Substanzen handle es sich um Schadstoffpartikel.

Bulat hatte zuvor gesagt, sein Team habe eine Bakterienart entdeckt, deren DNA sich in keiner Datenbank finde. Das Erbgut der neu entdeckten Mikroben unterscheide sich zu mehr als 86 Prozent von der genetischen Struktur bislang bekannter Arten. "Wenn es diesen Fund auf dem Mars gegeben hätte, würden alle sagen, es gibt Leben auf dem Mars", sagte der Forscher.

Anders als es in der Wissenschaft üblich ist, hatte er seine vermeintliche Entdeckung bereits vor der Veröffentlichung in einer Fachzeitschrift in einer Pressemitteilung bekannt gegeben.

Der Institutsdirektor Korolew sagte der Nachrichtenagentur Interfax, bei der Expedition im Mai 2012 seien einige wenige Proben entnommen worden. "Bei allen handelte es sich um Schadstoffe." Diese seien durch die Arbeiten der Forscher in der Tiefe des Sees gelandet. "Deshalb können wir nicht sagen, dass bislang unbekannte Formen von Leben entdeckt wurden."

Der Wostoksee ist der größte See unter dem Eisschild der Antarktis. Wissenschaftler vermuten, dass er bereits länger als eine Million Jahre von Eis bedeckt ist. Die Bohrungen durch die fast vier Kilometer tiefe Schicht dauerten fast zwei Jahrzehnte, bis die Forscher im Februar 2012 den See erreichten.

Im Mai sollen weitere Wasserproben entnommen und untersucht werden. Noch in diesem oder im kommenden Jahr wollen die Forscher zudem den Grund des Sees erreichen, der 600 bis 700 Meter tiefer liegen soll. Russland hatte bei dem prestigereichen Projekt darauf gehofft, unter dem Eis auf neue Lebensformen zu stoßen.

© SZ/AFP - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: