Psychologie:Twittern in der Hitze der Nacht

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Nachts twittern - vielleicht nicht immer die beste Idee. (Foto: Robert Haas)
  • Wie Forscher herausgefunden haben, findet sich eine circadiane Rhythmik auch im Inhalt der Tweets, die rund um die Uhr versendet werden.
  • Am frühen Morgen gegen sechs Uhr häuften sich Tweets, die auf analytisches Denken hindeuten.
  • Nachts dominieren Tweets, die von existenziellen Ängsten künden; es gibt wenig positive Emotionen.

Von Christian Weber

Einmal alle 24 Stunden dreht sich die Erde um die eigene Achse, bewirkt so den Wechsel von Tag und Nacht und beeinflusst zahlreiche Körperfunktionen - unter anderem Blutdruck, Herzfrequenz, Körpertemperatur, Hormonproduktion.

Wie Forscher nun herausgefunden haben, findet sich eine solche circadiane Rhythmik auch im Inhalt der Tweets, die mittlerweile rund um die Uhr versendet werden. Das berichtet ein Team um den Computerwissenschaftler Fabon Dzogang und den KI-Forscher Nello Christianini von der University of Bristol in der aktuellen Ausgabe der Fachzeitschrift PLOS one.

"ängstlich", "ärgerlich", "traurig", aber auch "differenzierend", "kausalbezogen"

Für ihre Studie hatten die Forscher über vier Jahre insgesamt 800 Millionen Tweets analysiert, die in den 54 größten Ballungsräume Großbritanniens versendet worden waren. Dabei ordneten sie insgesamt sieben Milliarden Wörter 73 sogenannten psychometrischen Kategorien zu, die Auskunft geben über den emotionalen und kognitiven Zustand der Absender. Typische Kategorien waren etwa "ängstlich", "ärgerlich", "traurig", aber auch "differenzierend", "kausalbezogen" oder "vergleichend".

Mit dieser Methode fanden sich statistische Auffälligkeiten im Tagesablauf des Twitter-Kollektivs, die sich Tag für Tag wiederholen. Besonders prägnant waren dabei zwei Spitzenwerte: Am frühen Morgen gegen sechs Uhr häuften sich Tweets, die auf analytisches Denken hindeuten, das sich durch den häufigen Gebrauch von Substantiven, Artikeln und Präpositionen auszeichnet. Frühere Studien zeigen, dass diese wiederum mit Intelligenz, Bildung und guten Schulleistungen korrelieren. Der zweite Peak wird mitten in der Nacht erreicht, so ab drei Uhr früh. In dieser Zeit dominieren Tweets, die von existenziellen Ängsten künden; es gibt wenig positive Emotionen.

Interessant sind diese Ergebnisse vor allem aus methodischen Gründen. Sie zeigen, dass sich in sozialen Medien auch neuropsychologische Parameter abbilden. "Die Analyse dieser Medien kann nützliche Informationen sowohl für gesellschaftliche wie biologische Wissenschaften liefern", resümiert Christianini.

© SZ vom 22.06.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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