Neue Hefesorten für Bierbrauer:Ein Prosit der Vielfalt

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In diesen Bierkrügen auf dem Münchner Oktoberfest ist überall das Gleiche drin. Noch. (Foto: Karl-Josef Hildenbrand/dpa)

Welches Zelt auf der Wiesn? Egal? Lagerbiere schmecken alle mehr oder weniger gleich? Na dann: Jetzt haben Forscher neue Hefearten gezüchtet, die mehr Geschmack in den Masskrug bringen sollen.

Von Sebastian Herrmann

Klar, man kann sein Leben lang der Lieblingsbiermarke treu bleiben und alle zu Banausen erklären, die etwas anderes trinken. Es kann einem aber auch ergehen wie den Teilnehmern einer Bierprobe in einem Labor an der belgischen Universität Leuven. Dort lädt der Genetikprofessor Kevin Verstrepen regelmäßig Studenten und Mitarbeiter ein, um Biere zu probieren. An diesem Abend verkosteten die Testtrinker solche nach Pilsner Brauart, und irgendwann monierte ein Teilnehmer, dass die Biere fast zum Verwechseln ähnlich schmeckten.

In der Tat: Die meisten Lagerbiere gleichen sich, die geschmacklichen Unterschiede sind gering. Weil aber Kevin Verstrepen Vielfalt mag und keiner der Biermonogamisten ist, denen auf Dauer ein Geschmack genügt, war die enttäuschende Bierprobe im Labor seiner Uni Anlass für ein Forschungsprojekt, das eines Tages mehr Aromenvielfalt ins Lagerbier bringen könnte: Der Genetiker berichtet im Fachblatt Applied and Environmental Microbiology, dass er mit Kollegen neue Hefesorten gezüchtet hat, die Lagerbieren aromatischen Schwung verleihen.

Untergärige Lagerbiere werden üblicherweise mit der Hefensorte Saccharomyces pastorianus hergestellt - ein Hybrid der beiden Sorten S. cerevisiae und S. eubayanus. Weil aber letztere beiden Sorten so schwer zu kreuzen sind, werden die Lagerbiere dieser Welt alle mit genetisch sehr ähnlichen Hefesorten gebraut. Bei obergärigen Biere wie Ales oder etwa Weißbier setzen Brauer hingegen auf S. cerevisiae, von der es mehr Varianten gibt. Auch deshalb sei die Geschmacksvielfalt bei Ales sehr viel größer als bei Lagerbieren, sagt Verstrepen.

Zusammen mit Kollegen experimentierte der Genetiker nun mit verschiedenen Hefezuchtlinien, Nährmedien und sonstigen Umweltbedingungen, um S. cerevisiae und S. eubayanus zu kreuzen. Die beiden Hefesorten seien wie Löwen und Tiger: Sie ähneln sich zwar, sind aber so unterschiedlich, dass gemeinsamer Nachwuchs eine Seltenheit ist. Verstrepen und seinem Team gelang es jedoch, zahlreiche neue Zuchtlinien aus Kreuzungen der beiden ansonsten bockigen Bierhefen herzustellen. Mit 31 davon setzten sie kleine Probesude an, um echte Brauergebnisse zu testen. "Einige waren wirklich scheußlich", sagt der Genetiker. Doch zwei Linien erbrachten wundervolle Resultate: Die Aromen überzeugten, und sogar der Brauprozess beschleunigte sich.

© SZ vom 28.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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