Krankheitserreger Ehec:Angst vor dem "Hamburger-Keim"

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1983 infizierten sich in den USA Menschen über Burger mit einer unbekannten Mikrobe: dem "Hamburger-Keim". Inzwischen tauchen die Ehec-Bakterien nicht nur weltweit auf - sie sind auch gefährlicher als früher.

Christina Berndt

Wahrscheinlich hat Fastfood schon viele Menschen krank gemacht, doch im Jahr 1983 war dies nicht mehr zu übersehen. Da wurden zahlreiche Kunden einer Burger-Kette von einer bis dahin unbekannten Mikrobe heimgesucht, die als "Hamburger-Keim" in die Medizingeschichte eingehen sollte.

Zwar reichen schon 100 Keime für eine Infektion aus, aber gesunde Menschen überstehen eine Ehec-Infektion meist problemlos. Gefährlicher wird es für Immungeschwächte, alte Menschen und Kinder. (Foto: REUTERS)

Sie saß im rohen Rindfleisch, das beim Zubereiten der Burger offensichtlich nicht genügend erhitzt wurde. Wissenschaftler nannten den Keim Enterohämorrhagische Escherichia coli (Ehec). Es handelte sich um eine heimtückische Variante des Stäbchenbakteriums E.coli, das alle Menschen ein Leben lang auf friedliche Weise in ihrem Darm begleitet.

Ehec aber machte immer wieder auf höchst unangenehme Art auf sich aufmerksam. 1985 folgte der erste Ausbruch in Deutschland, später kamen noch aggressivere Formen auf: die HUS-Varianten von Ehec.

Die Geschichte vom allerersten Ausbruch zeigt bereits, wie man sich am besten vor Ehec & Co. schützen kann: indem man Lebensmittel, die potentiell mit Keimen kontaminiert sind, ausreichend erhitzt. Zehn Minuten lang sollten 70 Grad im Kern des Essens herrschen, dann ist die Gefahr gebannt, lässt Ulrich Fölsch von der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin verlauten.

Kälte dagegen stört die hartnäckigen Erreger kaum. Im Kühlschrank überleben sie genauso wie neun lange Monate im Gefrierfach, wenn sie sich dort auch langsam oder gar nicht mehr vermehren. Vorsicht ist also vor allem dann geboten, wenn man Lebensmittel, die nur wenig oder gar nicht erhitzt werden sollen, in der Küche kurz nach mikrobiologisch bedenklichen Produkten wie Eiern und Fleisch zubereitet. Ein sauberes Messer sollte dazu ebenso her wie ein frisches Schneidebrett. Und Händewaschen müsste ohnehin eine Selbstverständlichkeit sein.

Übertragung auch von Mensch zu Mensch

In den USA wird Ehec seinem Ruf als Hamburger-Keim immer noch gerecht. Dort gehen viele Ausbrüche nach wie vor auf Rinderhackfleisch zurück. Aber auch andere Lebensmittel wie Salami, Mettwurst, Rohmilch, nicht pasteurisierter Apfelsaft und Blattgemüse wie Spinat haben schon zu Krankheitswellen geführt.

Lebensmittel sind aber nicht der einzige Quell einer Ansteckung mit Ehec. Anders als Salmonellen werden die Keime durch Schmierinfektionen auch direkt von Mensch zu Mensch übertragen. "Wer infiziert, aber noch nicht krank ist, ist eine wandelnde Biogefahr", sagt der Ehec-Experte Helge Karch von der Universität Münster. Kinder stecken sich deshalb häufig im Sandkasten oder Planschbecken an; Erwachsene, wenn sie die Türklinken anfassen, die zuvor ein Infizierter mit ungenügender Sauberkeitserziehung nach seinem Toilettengang ergriffen hat.

Weil Wiederkäuer wie Kühe, Schafe oder Ziegen der natürliche Lebensraum des Ehec-Keims sind, ist auch der Kot dieser Tiere oft infektiös. Streichelzoos gelten deshalb als Hort so manchen Ehec-Ausbruchs. Auch Gülle kann die Keime übertragen; und wenn die Ausscheidungen der Tiere ins Trinkwasser, in Bewässerungsanlagen oder in Badeseen gelangen, können sich ihre Bakterien sogar auf dem Wasserweg ausbreiten.

Gesunde Menschen stecken Ehec leicht weg

Ehec kann also überall sein. In allgemeinen Ekel muss man trotzdem nicht verfallen. Auch wenn hundert Keime für eine Infektion mehr als ausreichen: Gesunde Menschen stecken einen solchen Infekt üblicherweise leicht weg. Oft merken sie gar nichts davon und werfen die Bakterien binnen vier bis zehn Tagen einfach wieder aus ihrem Körper heraus.

Gefährlicher wird es für Immungeschwächte, alte Menschen und Kinder. So kommt es bei jedem fünften bis zehnten Infizierten zum blutigen Durchfall, begleitet von krampfartigen Unterleibsschmerzen. Etwa jeder zehnte bis hundertste entwickelt das gefürchtete Hämolytisch-urämische Syndrom (HUS), das wiederum in ein bis zwei Prozent der Fälle zum Tod führt.

Die Schwere der Erkrankung ist dabei von der Art der Ehec-Keime abhängig, von denen mehr als 300 beschrieben sind. Variabel ist aber auch der Mensch: "Das genetische Profil jeder Person ist einzigartig", sagt Peter Zipfel vom Leibniz-Institut für Infektionsbiologie in Jena. "Das bedingt auch, wie gut der Einzelne mit diesen Erregern umgehen und sie abtöten kann."

© SZ vom 25.05.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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