HIV:Aids-Schutz im Erbgut

Lesezeit: 2 min

Manche Menschen besitzen ein Gen, das gegen Aids schützt. Sie erkranken trotz HIV-Infektion spät und langsam an der Immunkrankheit. Die Erkenntnis soll helfen, einen Impfstoff zu entwickeln.

Katrin Blawat

Unter 200 HIV-Infizierten gibt es im Schnitt einen, der auch ohne Therapie nie oder erst sehr spät und langsam an Aids erkrankt.

Nicht alle Menschen erkranken sofort an Aids, wenn sie sich mit dem HI-Virus infiziert haben. Manche tragen ein bestimmtes Gen in sich, dass den Ausbruch der Krankheit verhindert. (Foto: Foto: dpa)

Nun hat ein Team um Arup Chakraborty vom Massachusetts Institute of Technology in Cambridge einen möglichen Mechanismus entdeckt, wie dieser natürliche Schutz zustande kommt ( Nature, online).

Dass dabei in manchen Fällen ein Gen namens HLA B57 eine entscheidende Rolle spielt, hatten Forscher bereits vor gut zehn Jahren erkannt. Auf welche Weise dieses Gen die HI-Viren daran hindert, sich im Körper auszubreiten, war bislang jedoch unbekannt.

Mithilfe von Computersimulationen konnten Chakraborty und seine Kollegen nun zeigen, dass Menschen mit dem Gen HLA B57 außergewöhnlich wirksame T-Killerzellen bilden. Diese sind Teil des körpereigenen Immunsystems.

Ihre Aufgabe ist es, Zellen zu zerstören, in denen sich zum Beispiel HI-Viren eingenistet haben. Das Gen HLA B57 befähigt die T-Killerzellen dazu, HIV-infizierte Zellen besonders treffsicher zu erkennen, selbst wenn das Virus mutiert ist.

Damit die Killerzellen erkennen, wo sie gebraucht werden, präsentieren infizierte Zellen auf ihrer Oberfläche kleine Proteinstückchen des eingedrungenen Virus.

Treffsicheres Erkennen

Solch ein Proteinschnipsel ist eine Art Hilferuf, der die Killerzellen aktiv werden lässt und sie veranlasst, an den Schnipsel anzudocken und die infizierte Zelle dann zu zerstören.

Allerdings müssen die Killerzellen erst lernen, welche Proteinschnipsel eine ernsthafte Gefahr für den Körper anzeigen. Vor allem bei einer HIV-Infektion kommt es immer wieder vor, dass die Killerzellen infizierte Zellen fälschlicherweise in Ruhe lassen, weil sie deren Hilferuf nicht verstehen.

Dies passiert zum Beispiel dann, wenn das Virus mutiert und sich dadurch die Struktur der Proteinschnipsel ändert. Die Viren können sich dann ungehindert im Körper ausbreiten.

Nicht jedoch im Körper von Menschen mit dem Gen HLA B57. Denn bei ihnen dockt eine T-Zelle jeweils nur an wenigen Stellen an die Proteinschnipsel auf der Oberfläche der infizierten Zellen an.

Daher macht es nichts, wenn sich die Struktur des Schnipsels an mehreren Stellen durch Mutationen ändert - die T-Zelle bemerkt dies in den meisten Fällen gar nicht.

Fehlt das schützende Gen hingegen, braucht eine T-Zelle sehr viele Kontaktstellen mit dem Proteinschnipsel, um diesen als Aufforderung zum Angriff zu verstehen. Mutiert dann nur eine einzige dieser vielen Kontaktstellen, reicht das aus, um die Killerzelle von ihrer Arbeit abzuhalten.

"Es gibt mehrere Faktoren, die bewirken, dass einige wenige Menschen trotz HIV-Infektion nie an Aids erkranken, ohne eine Therapie zu erhalten", sagt der Infektiologe Gerd Fätkenheuer von der Uniklinik Köln. "Die Mechanismen, die dahinter stecken, verstehen wir aber noch nicht gut. Die neue Studie erklärt auch noch nicht alles, sie liefert aber einen Baustein der Erklärung."

Die Studienautoren äußern die Hoffnung, auf Grundlage der neuen Erkenntnisse einen Impfstoff entwickeln zu können, der die T-Zellen von Geimpften ebenso wirksam macht wie die von Menschen mit den Gen HLA B57. Fätkenheuer ist jedoch skeptisch: "Das ist alles noch sehr vage."

© SZ vom 06.05.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: