H1N1:Habe ich die Schweinegrippe?

Tamiflu oder nicht? Zu Hause bleiben oder arbeiten gehen? Mit den Schweinegrippe-Fällen nehmen auch die Strategien gegen die Krankheit zu. Ein Überblick über die aktuellen Empfehlungen.

Berit Uhlmann

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Tamiflu oder nicht? Zu Hause bleiben oder arbeiten gehen? Mit den Schweinegrippe-Fällen nehmen auch die Strategien gegen die Krankheit zu. Ein Überblick.Weiß man, wie viele Menschen in Deutschland an der Schweinegrippe erkrankt sind?Das Robert-Koch-Institut (RKI) zählte bis Mitte November knapp 54.000 Infektionen mit dem H1N1-Virus. Allerdings beruhen die Angaben zunehmend auf Schätzungen.Schon seit dem Sommer wird bei den meisten Erkrankten auf den Labornachweis verzichtet. Die Ärzte meldeten stattdessen die Fälle, bei denen eine Schweinegrippe-Infektion aufgrund der Symptome und Vorgeschichte wahrscheinlich war. Seit 14. November müssen die Mediziner auch diese Fälle nicht mehr publik machen. Die Ärzte sollen damit von der Verwaltungsarbeit entlastet werden.Die Ausbreitung der Schweinegrippe wird nun anhand der (vor allem bei Risikopatienten vorgenommenen) Labortests und der noch immer meldepflichtigen Todesfälle verfolgt.Foto: dpa

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Woher weiß ich, ob ich die Schweinegrippe habe?In den meisten Fällen dürfte die Diagnose unklar sein. Zuverlässig kann nur ein Labortest das H1N1-Virus nachweisen. Dazu muss der Arzt einen Abstrich aus Rachen oder Nase nehmen und in ein Labor einschicken. Diese Tests werden aber nur noch in Einzelfällen vorgenommen, zum Beispiel bei Risikopatienten oder ungewöhnlichen Krankheitsverläufen.Schnelltests, die die Erkrankung innerhalb von Minuten nachweisen sollen, sind nicht zuverlässig. Diese Tests erkennen längst nicht alle Erkrankten, weisen auf der anderen Seite aber in vielen Fällen Gesunde als infiziert aus.Auch die Diagnosestellung anhand der Symptome ist unsicher. Die Anzeichen der Schweinegrippe - Fieber, Husten, Kopf- und Gliederschmerzen, Müdigkeit und Appetitlosigkeit - gleichen denen der alljährlichen Influenza, die im Winterhalbjahr Konjunktur hat. Zudem gibt es viele Patienten, bei denen die Schweinegrippe so mild verläuft, dass sie als harmlose Erkältung erscheint.Foto: dpa

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Tamiflu oder nicht?Die WHO rät zu einem sparsamen Einsatz der weltweit begrenzten antiviralen Medikamente. Erwachsene ohne Grunderkrankungen, bei denen die Infektion mild verläuft, brauchen demnach kein Tamiflu. Sollte sich allerdings abzeichnen, dass die Grippe einen schweren Verlauf nimmt, sollte sofort mit der antiviralen Behandlung begonnen werden - unabhängig davon, ob das H1N1-Virus nachgewiesen ist oder nicht. Zu den Warnzeichen gehören vor allem:- anhaltendes Fieber über drei Tage - Atembeschwerden - Brustschmerzen - blutiger Auswurf - starke Müdigkeit und starke Abgeschlagenheit - VerwirrtheitszuständeEinige Länder gehen allerdings sehr großzügig mit antiviralen Medikamenten um. In Teilen Großbritanniens war es schon im August möglich, diese Arzneien per Telefonanruf zu erhalten, ohne auch nur einen Arzt und Apotheker konsultiert zu haben. Seit November sind sie in Norwegen rezeptfrei in Apotheken erhältlich.Für Kinder und Schwangere gelten teilweise andere Empfehlungen. Mehr dazu auf den folgenden Seiten.Foto: Tamifluvorräte in Großbritannien/AFP

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Wie sollten Schwangere behandelt werden?Zu den verunsichertsten Menschen gehören derzeit werdende Mütter. Dies ist nicht verwunderlich, denn eine optimale Strategie gegen die Schweinegrippe gibt es für sie nicht.Schwangere gelten nach Einschätzung von WHO sowie der europäischen und amerikanischen Seuchenexperten als Hochrisikopatienten. Bei ihnen kann die Schweinegrippe einen schweren Verlauf nehmen. Es besteht die Gefahr von Fehl- und Frühgeburten. Auf das Ungeborene scheint das H1N1-Virus nicht überzugehen; als Folge von Fieber und Entzündungen der Mutter sind allerdings Schäden für den Fötus nicht ausgeschlossen.Das RKI wie auch die WHO raten daher, Schwangere innerhalb von 48 Stunden nach Auftreten der Krankheitszeichen mit antiviralen Medikamenten zu behandeln. Für Schwangere stellt dies ein Dilemma dar, denn das RKI räumt in seinen Empfehlungen auch ein, dass "nur wenig über die Sicherheit und Wirksamkeit bei der Anwendung in der Schwangerschaft bekannt ist". Dennoch hält sie die Medikamentengabe für das kleinere Risiko.Foto: AP

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Was tun, wenn Kinder krank werden?Nach den bisherigen Erfahrungen verläuft die Schweinegrippe bei ansonsten gesunden Kindern meist mild. Nach den Empfehlungen des RKI genügt es in diesen Fällen, den kleinen Kranken reichlich Flüssigkeit und fiebersenkende Medikamente wie Paracetamol zu verabreichen.Gleichwohl warnt der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte davor, eine mild verlaufende Schweinegrippe auf die leichte Schulter zu nehmen. Verbandspräsident Hartmann nannte es "hochriskant", Kinder und Jugendliche schon nach einem Tag ohne Fieber wieder zur Schule oder in den Kindergarten zu schicken. In diesem Fall bestehe die Gefahr einer Herzmuskel-Schwächung, die ernste Herzfehler verursachen könne. Der Verband rät, die Krankheit gründlich auszukurieren, und die Kinder drei Wochen vom Sport zu befreien.Die WHO empfiehlt dagegen seit November - anders als das RKI -, Säuglinge und Kleinkinder auch bei milden Symptomen möglichst sofort mit Tamiflu zu behandeln, um schweren Verläufen vorzubeugen. Doch gerade im Falle der Säuglinge gehen die Meinungen extrem auseinander.Tamiflu ist in Deutschland überhaupt erst für Kinder ab einem Jahr zugelassen. Die Europäische Arzneimittelagentur allerdings hat Tamiflu für den Fall einer Pandemie - und dieser besteht seit Juni - auch für Säuglinge erlaubt. Dennoch sieht das RKI die Behandlung der allerjüngsten Kinder mit Tamiflu zumindest zum gegenwärtigen Zeitpunkt skeptisch, da es bei ihnen wenig Erfahrungen in diesen Fällen gibt. Das Institut rät, eine antivirale Therapie allenfalls bei schweren Verläufen zu erwägen.Foto: AP

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Müssen sicher Erkrankte in Quarantäne? Wurden anfangs möglichst alle H1N1-Infizierten mitsamt ihren Kontaktpersonen isoliert, hat Deutschland bereits im Sommer die Quarantäne-Regeln gelockert. Den aktuellen Empfehlungen nach sollten Erkrankte frühestens einen Tag nach Abklingen des Fiebers wieder zur Arbeit gehen. Infizierte, die beruflichen Kontakt zu Kranken oder Kindern haben, sollten vorsorglich mindestens sieben Tage nach Symptombeginn zu Hause bleiben. Nicht erkrankte Angehörige müssen in der Regel nicht isoliert werden.Die Schließung von Schulen und Kindergärten obliegt den örtlichen Gesundheitsämtern und wird von diesen ganz unterschiedlich gehandhabt.Foto: dpa

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Wie groß ist das Risiko, tödlich zu erkranken? In Mexiko, wo die neue Grippe ihren Ausgang nahm, hat die Gesundheitsbehörde IMSS mittlerweile knapp 7000 gut dokumentierte Erkrankungsfälle ausgewertet. In weniger als einem Prozent der Fälle endete die Krankheit tödlich. Das Sterberisiko stieg allerdings mit zunehmendem Alter. Zehn Prozent der Infizierten starben in der Gruppe der über 70-Jährigen. Bei den 60- bis 69-Jährigen waren es 5,7 Prozent. Bei den Erkrankten im Alter von zehn bis 29 Jahren lag die Sterberate bei unter einem Prozent.Foto: AFP

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Wie kann ich mich vor der Schweinegrippe schützen?Einen Schutz bietet die Impfung. Informationen dazu finden Sie hier. Wer auf die umstrittene Vorsorge verzichtet, kann versuchen, der Erkrankung durch allgemeine Hygienemaßnahmen vorzubeugen. Dazu gehören vor allem:Meiden Sie große Menschenansammlungen! Waschen Sie sich häufig und gründlich die Hände! Berühren Sie die typischen Eintrittspforten der Erreger - Mund, Nase und Augen - möglichst wenig! Lüften Sie regelmäßig die Räume, in denen Sie sich aufhalten, um ein Raumklima zu vermeiden, dass Krankheitserreger aufblühen lässt!Foto: ddp(sueddeutsche.de/pfau/bgr)

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