Giftschlangen:Tödliche Tropfen

Lesezeit: 1 Min.

Giftschlangen injizieren ihrer Beute Gift über hohle Zähne, die wie Todesspritzen funktionieren - so die allgemeine Auffassung. Die Mehrzahl der Tiere wendet jedoch eine einfachere, aber ähnlich wirkungsvolle Methode an.

Esther Göbel

Manche Schlangen haben Giftzähne, die wie Todesspritzen wirken: Erst reißt das Reptil sein Maul auf, dann beißt es zu und presst eine giftige Injektion aus den vermeintlich hohlen Zähnen tief hinein in das Fleisch ihres Opfers. So zumindest lautet die allgemein verbreitete Annahme.

Klapperschlangen (Skelett) verfügen über hohle Zähne, durch die Gift in die Beute injiziert wird. Die meisten Schlangen aber besitzen Giftzähne mit einer Furche, durch die das Gift in die Wunde ihres Opfers rinnt (kleines Bild). (Foto: Reuters/TU München)

Dass es sich oft anders verhält, zeigt eine Studie von deutschen und amerikanischen Forschern, die den Ablauf der Injektion und die physikalischen Eigenschaften des Schlangengiftes untersucht haben ( Physical Review Letters, online). Demnach benutzt nur ein Siebtel der Schlangen hohle Giftzähne, so wie diese Klapperschlange.

Die Mehrheit der Tiere nutzt indes eine einfachere, aber ähnlich wirkungsvolle Methode: Sie lassen ihr Gift über eine Furche entlang eines oder mehrerer Zähne in ihre Opfer sickern, vergleichbar mit Tropfen, die an einem Eiszapfen entlang herunterrinnen. Möglich wird dies durch die hohe Oberflächenspannung der Flüssigkeit.

Sobald die Schlange zubeißt, bildet sich zwischen Zahnfurche und dem Gewebe des Opfers zunächst ein Kanal. In diesem entsteht ein Sog, der die Flüssigkeit wie ein Strohhalm unter die Haut des Opfers zieht.

Die dabei auf die Flüssigkeit wirkenden Kräfte machen das Gift zusätzlich dünnflüssiger und verändern dessen Konsistenz; ähnlich wie Ketchup, der sich verflüssigt, sobald man ihn schüttelt. Auf diese Weise kann das Gift schneller einziehen.

Das sei auch der Grund dafür, dass diese Methode der Giftinjektion sich im Laufe der Evolution weiter verbreitet habe als der hohle Giftzahn, folgern die Wissenschaftler. Sie konnten zudem zeigen, dass die Tiere auch an spezielle Bedingungen angepasst sind: Bei vogelfressenden Schlangen fanden die Forscher zum Beispiel tiefere Zahnfurchen. Diese stellen sicher, dass das zunächst zähflüssige Gift nicht einfach an den Federn abgleitet, sondern die Flüssigkeit ihre tödliche Wirkung entfalten kann.

© SZ vom 18.05.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: