Hamburg (dpa/lno) - Bei ihrer Suche nach Spuren des Gasthauses „Zum Weißen Schwan“ in Hamburg-Harburg haben die Archäologen zahlreiche bedeutende Entdeckungen gemacht. „Schon der bis jetzt erreichte Erkenntnisstand ist außerordentlich hoch einzuschätzen und übertrifft unsere Erwartungen“, sagte Rainer-Maria Weiss, Direktor des Archäologischen Museums und Landesarchäologe von Hamburg. „Die große Bandbreite der archäologischen Spuren und die Anzahl und Qualität der einzelnen Funde belegen die hohe Bedeutung, die der Region seit Hunderten von Jahren nicht nur als Siedlungsgebiet, sondern auch als Verkehrsknotenpunkt zukam“, sagte Weiss.
Zu den Ergebnissen der Grabung, die im Juli begann und noch bis April andauert, gehöre der Nachweis von verschiedenen aufeinanderfolgenden Bauphasen, die nun erstmals einen Einblick in die Bebauung des Areals vor der Errichtung des Gasthauses „Zum Weißen Schwan“ ermöglichen, das von 1819 bis 1965 an dieser Stelle stand. Bei ihren Recherchen im Vorfeld waren die Archäologinnen und Archäologen in historischen Quellen auf Informationen gestoßen, wonach an dieser Stelle schon früher ein Wirtshaus gestanden haben muss. Tatsächlich bestätigte sich dieser Hinweis bei den Grabungsarbeiten.
Im Abraum konnte eine große Menge an Funden von Speise- und Trinkgeschirr festgestellt werden, das vermutlich aus dem Gasthaus stammte. Im weiteren Verlauf stießen die Archäologinnen und Archäologen dann auf die Fundamente des Vorgängerbaus des „Weißen Schwans“, der in den Jahren zwischen 1695 und 1709 errichtet worden sein muss. Die Datierung gelang dabei durch einen archäologischen Glücksfall: Im Bereich der Feldsteinfundamente des Gebäudes fanden sich eine Silbermünze des dänischen Königs Christian V. von 1695 sowie Keramik, vor allem friesische Fayence, aus derselben Zeit.
Hervorzuheben sei besonders ein Fund: Das Fragment eines sogenannten Koppchens, einer henkellosen Tasse aus chinesischem Imari-Porzellan, das in die Kangxi-Ära datiert (1661-1722) wurde. „Es belegt die weitreichenden Handelsbeziehungen der Stadt, aber auch den Reichtum der hier ansässigen Bürger“, sagte Weiss. Im südlich gelegenen Grabungsabschnitt fanden sich zudem Hinweise auf die Anwesenheit verschiedener Handwerksberufe. So wurden Metallschlacken, Lederreste und zahlreiche Spinnwirteln gefunden sowie auch gepflasterte Kochstellen mit Feuergruben und Keramik.
Die Arbeit der Archäologinnen und Archäologen gehe nun weiter. „Mit dem Areal an der Harburger Schloßstraße zählt Harburg schon jetzt zu einer der am besten ergrabenen mittelalterlichen Städte Deutschlands und das Grabungsteam ist gespannt, welche Einblicke in Harburgs Untergrund bis April noch auf sie wartet“, sagte Weiss. Bei früheren Grabungen seien die Archäologen an vielen Stellen auch auf die bewegte militärische Geschichte Harburgs gestoßen.
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