Geologie:Nirgendwo in Europa gibt es so viele Erdbeben wie unter der Ägäis

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Es ist nicht erstaunlich, dass Griechenland immer wieder von Erschütterungen heimgesucht wird. Unter der Erdkruste herrschen Chaos und Spannungen.

Von Marlene Weiß

Griechenland ist in vieler Hinsicht von der Natur gesegnet - mit wunderschönen Inseln, angenehmem Klima, warmem Meer. Aber mit dem Untergrund hat das Land Pech gehabt. Auch wenn die Schäden in den vergangenen Jahren in Italien größer waren: Nirgendwo in Europa gibt es so viele Erdbeben wie unter der Ägäis.

Ein Beben der Magnitude 6,7, wie es in der Nacht zum Freitag vor der Insel Kos nahe der türkischen Grenze aufgetreten ist, mag vergleichsweise stark sein. Aber auch solche Beben sind in Griechenland nicht selten. Erst im Juni hatte es etwas weiter nördlich ein Beben der Stärke 6,4 gegeben. Dabei starb auf der Insel Lesbos eine Frau, Hunderte Häuser wurden zerstört. Mehr als ein Dutzend Erdbeben von Stärke 6 und sind in der Region seit 2007 registriert worden.

Diesmal sind auf Kos zwei Menschen gestorben, viele wurden verletzt; ein Tsunami hat den Hafen beschädigt. Grund für all die Erschütterungen ist das Chaos in der Erdkruste unterhalb der Ägäis. Die dortige Ägäische Platte ist sehr klein und relativ schnell. Mit etwa drei Zentimetern im Jahr bewegt sie sich gegen den Uhrzeigersinn auf die Afrikanische Platte zu, die zugleich nach Norden drängt und unter der Ägäis abtaucht. Obendrein zerrt die Ägäische Platte an der größeren Anatolischen Platte unter der Türkei, mit der sie eng zusammenhängt.

"An ihren Rändern treten hohe Deformationsraten auf", sagt Torsten Dahm vom Geoforschungszentrum Potsdam. "Das führt zu Dehnungsspannungen, und damit zu Erdbeben entlang der Schwächezonen."

Auch das aktuelle Beben war ein Dehnungsbeben. Einer genau abgegrenzten Platten-Kante kann man es kaum zuordnen. "In der Ostägäis sind die Plattengrenzen nicht scharf, sondern eher diffus", sagt Dahm. "Die Platten sind dort stark aufgebrochen, dadurch treten die Beben in einer breiteren Zone entlang der türkischen Küste auf." Hinzu kommt, dass die Erdkruste dünner ist als unter der Türkei. Mit einer Tiefe von rund zehn Kilometern war das aktuelle Beben vergleichsweise flach, ein typisches Krustenbeben.

Fast ganz Griechenland ist mehr oder weniger erdbebengefährdet. Dicht bebaute Großstädte wie Athen liegen glücklicherweise nicht im ganz heiklen Gebiet, aber auch dort hat es schon heftige Erdstöße gegeben. Auch Beben der Stärke 7 und mehr sind möglich; 1956 bebte die Erde zwischen den Inseln Amorgos und Santorini mit der Magnitude 7,7. Ein Tsunami wurde ausgelöst, 53 Menschen starben.

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