In einem Hochsicherheitslabor haben britische Wissenschaftler die Gene von Malariamücken so verändert, dass deren Nachkommen unfruchtbar wurden. Innerhalb kurzer Zeit - schon nach sieben bis elf Generationen - sei die Test-Population von Anopheles gambiae zusammengebrochen, berichtet das Team um Kyros Kyrou vom Imperial College London in der Fachzeitschrift Nature Biotechnology.
Seit Jahrzehnten versuchen Wissenschaftler, gefährliche Krankheiten wie Malaria, Zika oder Dengue zu bekämpfen, indem sie gegen die Überträgermücken vorgehen. Meist mit mäßigem Erfolg: Moskitonetze, die in manchen Ländern an die Bevölkerung verteilt werden, bieten keinen hundertprozentigen Schutz. Und gegen Insektizide entwickeln Mücken mit der Zeit Resistenzen. Außerdem wirken die Mittel auch auf andere Lebewesen giftig.
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Ein nützliches Werkzeug könnte die Gentechnik sein. Ziel ist es, eines Tages gentechnisch veränderte Mücken in Malariagebieten auszusetzen. Dort sollen sie sich mit ihren wild lebenden Artgenossen paaren, und Nachwuchs zeugen, der nicht fortpflanzungsfähig ist. So könnte die Zahl der Mücken zurückgehen und damit auch die Zahl der Menschen, die mit Malaria infiziert werden. Forscher versprechen sich hierbei viel von der sogenannten Gene-Drive-Methode, mit der auch das Team aus Großbritannien gearbeitet hat. Gene Drive bewirkt im Unterschied zu herkömmlichen gentechnischen Methoden, dass sich die unfruchtbar machende Erbanlage extrem schnell ausbreitet. Sie wird bei der Fortpflanzung nicht nur an einige, sondern an fast alle Nachkommen weitergegeben.
Das Besondere an der aktuellen Studie ist, dass tatsächlich alle Mücken während des Versuchszeitraums gestorben sind. In früheren Experimenten hatten es die Insekten nach einigen Generationen stets geschafft, Resistenzen gegen die Genveränderung zu entwickeln. Das schädliche Gen wurde plötzlich nicht mehr vermehrt weitergegeben, so dass es immer einige Überlebende gab.
Was passiert im Ökosystem, wenn Malariamücken aussterben?
Die Autoren der aktuellen Studie haben mit Hilfe der Genschere Crispr-Cas9 nun offenbar erfolgreich einen Abschnitt im Mücken-Erbgut verändert, bei dem die Entstehung solcher Resistenzen sehr selten ist. Dennoch sei das noch "kein Beweis, dass keine Resistenzen auftreten können", schreiben die Forscher selbst.
Bislang gibt es noch keinen Freilandversuch, in dem Gene-Drive-Mücken tatsächlich ausgesetzt wurden. Zu groß sind die Bedenken, dass sich die schädlichen Gene rasend schnell in der Natur ausbreiten und dann Insekten dezimieren, die gar nicht getötet werden sollen, weil sie nützlich sind. Außerdem ist unklar, wie das Ökosystem reagiert, sollten Malariamücken tatsächlich aussterben.
Freisetzungsversuche genetisch veränderter Mücken ohne Gene Drive gab es hingegen schon mehrere. Am bekanntesten sind die Projekte der britischen Firma Oxitec auf den Cayman-Inseln, in Malaysia, Panama und Brasilien. In diesen Versuchen wurden im Labor hergestellte Mücken mit einem Gen freigelassen, das den Nachwuchs schon im Larvenstadium sterben lässt. Die Zahl der natürlich vorkommenden Mücken ging in all diesen Experimenten deutlich zurück.