Weckruf kurz vor dem UN-Klimagipfel in Durban: Der Klimawandel wird bis Ende des Jahrhunderts weltweit immer häufiger zu Dürre- und Überschwemmungskatastrophen führen. Das unterstreicht der Weltklimarat IPCC mit einem neuen Sonderbericht über Extremwetter-Ereignisse.
Die Autoren erwarten unter anderem auch in Mitteleuropa und der Mittelmeerregion eine Zunahme der Dürren. Zugleich werde sich global gesehen die Zahl der Starkniederschläge erhöhen. In den USA, der Karibik und auf kleineren tropischen Inseln werden sich nach IPCC-Prognosen die Windgeschwindigkeiten von Wirbelstürmen erhöhen. Zudem wird die weltweite Gletscherschmelze den Report zufolge die Stabilität der Bergregionen gefährden.
Konkrete Folgen der "wahrscheinlichen" Erwärmung der globalen Durchschnittstemperatur um zwei bis fünf Grad bis 2100 könnten Überschwemmungen etwa in den Slums von Nairobi und weitere Dürreperioden in der westlichen Sahelzone sein. Auch für kleinere Inseln im Pazifik, Atlantik und im Indischen Ozean sieht die Zukunft dem Bericht zufolge alles andere als rosig aus: Der Meeresspiegelanstieg in Verbindung mit immer heftigeren Wirbelstürmen könnte dramatische Auswirkungen auf das Leben der Inselbewohner, die Landwirtschaft, die Wirtschaftslage und die Tourismusindustrie in den betroffenen Gebieten haben.
In Europa wird die Erderwärmung ebenfalls spürbar sein: Speziell in Westeuropa werden die Hitzewellen zunehmen und sich negativ auf die Gesundheit der Bevölkerung und vor allem älterer Menschen auswirken. Während das erwartete Extremwetter aber in den Industrieländern vor allem riesige Kosten verursachen würde, bezahlen es in den Entwicklungsländern viele Menschen mit dem Leben. "In der Zeit von 1970 bis 2008 ereigneten sich 95 Prozent der durch Naturkatastrophen verursachten Todesfälle in Entwicklungsländern", heißt es in dem Report.
Mehr Katastrophenvorsorge gefordert
Es sei nun dringend nötig, mehr Geld in Katastrophenvorsorge und nicht nur in Katastrophenhilfe und Wiederaufbau zu stecken, sagte der Klimaexperte des Internationalen Roten Kreuzes und Mitautor des Berichts, Maarten van Aalst. "Wir sehen zwar weltweit generell eine Zunahme bezüglich der Bemühungen, sich auf mögliche Katastrophen vorzubereiten, aber das ist lange noch nicht genug."
Die Wissenschaftler empfehlen unter anderem eine stärkere internationale Zusammenarbeit und Kommunikation, weitere Forschungen, um die Situation zu beobachten, sowie eine bessere Wasser- und Abwasserversorgung. "Wir hoffen, dass der Bericht die wissenschaftliche Grundlage für vernünftige Entscheidungen bezüglich Infrastruktur, urbaner Entwicklung, öffentlicher Gesundheit und Versicherungen sein kann, ebenso wie für die Planungen von lokalen Organisationen bis hin zum internationalen Katastrophenmanagement", sagte Chris Field, der den Report mitverfasst hat.
Greenpeace betonte in einer ersten Reaktion, dass der Bericht den Druck auf die kommende Woche beginnende Klimakonferenz erhöhe, endlich den politischen Durchbruch für ein ehrgeiziges Klimaabkommen zu schaffen. Die Hilfsorganisation Oxfam forderte die Bundesregierung auf, sich in Südafrika für deutlich ambitioniertere Klimaschutzzusagen der Industrieländer einzusetzen. Hinter dem nüchternen Bericht steckten die Schicksale von Millionen von Menschen in den armen Weltregionen, "denen der Klimawandel buchstäblich die Ernten verdorren lässt oder von den Feldern spült, deren Hab und Gut schweren Stürmen und Fluten zum Opfer fallen oder die in Unwetterkatastrophen ihr Leben verlieren", sagte Oxfams Klima-Experte Jan Kowalzig. Er hoffe, dass der Report den Klimawandel wieder ins Zentrum der Aufmerksamkeit rücke, "denn er ist in vielen Ländern eine sich längst vollziehende Katastrophe".