Pandemie:Lasst uns in Ruhe

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Sogar Sticker zur Maskenpflicht strahlen es aus: Überall herrscht Corona-Müdigkeit. (Foto: Felix Kästle/dpa)

Nach zwei Jahren Corona-Informationsflut steigt das Bedürfnis, sich auszuklinken. Das ist vielleicht nicht vernünftig, aber nachvollziehbar.

Kommentar von Sebastian Herrmann

Die Inzidenz steigt und steigt. Oder ist die Kennzahl irrelevant, weil doch zur Beurteilung der pandemischen Lage längst andere Marker entscheidend sind? Egal, weiter im Text, die Omikron-Welle rollt und rollt, der Booster hat seinen Weg in den Oberarm gefunden, da kommt schon die zarte Empfehlung für die vierte Impfung. Das Virus mutiert währenddessen munter vor sich hin, jede Molekülverschiebung im Stachelprotein wird berichtet, und Länder, die eben noch als Vorbild galten, melden wieder Infektionsrekorde. Warum? Nächste Frage bitte. Seit zwei Jahren grollt, donnert und blitzt die Corona-Informationsgewitterfront. Die neuesten Entwicklungen im Überblick, zack, zack, die wichtigsten Antworten auf die wichtigsten Fragen, weiter, weiter, Karl Lauterbach, heute bei uns im Studio.

Es kostet immer mehr Kraft, den Kopf über Wasser zu halten und all das wahrzunehmen. Im Bekanntenkreis, natürlich alles andere als repräsentativ, geben immer mehr auf. Sie können nicht mehr, sagen sie, den Überblick hätten sie ohnehin längst verloren. Es geht halt irgendwie weiter, Maske, na klar, impfen, ja, ja, testen auch, und ansonsten lautet die Devise: Ich bin raus, lasst mich in Ruhe.

Je dichter das Informationsgestrüpp wuchert, desto schwerer sind Fakt und Fiktion zu trennen

Ja, das ist nicht vernünftig, aber nachvollziehbar. Zwei Jahre Pandemie, zwei Bundesregierungen, 16 Ministerpräsidenten, mindestens vier große Talkshows und andere Kanäle: Die tägliche Corona-Kakophonie provoziert Ermüdung. Oft stellt sich nach Konsum der Nachrichten eine Art Tagesschau-Effekt ein: Beim Wetter ist längst wieder alles vergessen. Was habe ich gerade gelesen? Wer hat jetzt was gesagt? Was gilt gerade? Und wem soll man noch glauben? Je dichter das Informationsgestrüpp wuchert, desto schwerer sind auch Fakt und Fiktion zu trennen. Ist das, was etwa der Physiker Roland Wiesendanger gerade über den Ursprung des Virus gesagt hat, nun Irrsinn oder doch bedenkenswert? Wenn in einer Fußball-Fankurve (vor der Pandemie, natürlich!) 20 000 Menschen brüllen, lassen sich vernünftige Stimmen auch kaum herausfiltern.

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Es ist ein Dilemma. Auf der einen Seite muss berichtet werden und besteht eine Art Pflicht, sich zu informieren. Auf der anderen Seite stehen Ermüdung, Überforderung angesichts der Informationsmenge und der wachsende Drang, sich auszuklinken. Am Ende wartet man nur auf die Antwort auf die wichtigste aller Fragen: Wann findet der Wahnsinn endlich ein Ende?

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