Atomkatastrophe in Japan:Besorgte Nachbarn

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Angst vor wechselnden Winden: Russland und China fürchten radioaktiven Niederschlag aus Japan und schicken Hilfe ins Nachbarland. Trotz der Atomkatastrophe setzt Peking unverdrossen auf Kernenergie - und will weitere Reaktoren bauen.

Frank Nienhuysen, Moskau

Wohl noch nie hat sich Russland so sehr für den Wind aus Japan interessiert. Ohne Unterlass wird im Fernen Osten die Atmosphäre kontrolliert, die Luft auf Spuren von Jod-131 und Cäsium-137 geprüft. "Aber bisher haben wir nichts gefunden, es ist alles in der Norm", sagte Gennadij Onischtschenko, der Leiter der russischen Gesundheits- und Verbraucherschutzbehörde. Vorerst zeigte sich Moskau beruhigt.

Sollte sich die Lage rund um den Reaktor Fukushima-1 verschärfen und der Wind drehen, wäre auch Russland im Nu von der Katastrophe in Japan erfasst. (Foto: AP)

Sachalin, Kamtschatka, das Primorje-Gebiet am Japanischen Meer: Sollte sich die Lage rund um den Reaktor Fukushima verschärfen und der Wind drehen, wäre auch Russland im Nu von der Katastrophe in Japan erfasst. Das St. Petersburger Institut für Strahlenhygiene rechnet deshalb alle möglichen Folgen für die russischen Gebiete durch, und doch ist Russland diesmal auf die Transparenz anderer angewiesen.

"Es wäre bedauerlich", mahnt Onischtschenko Japans Behörden, "würde man uns irgendwelche Informationen vorenthalten". Dennoch, der russisch-japanische Territorialstreit um die Kurilen-Inseln ist derzeit vergessen; erstmals in der Geschichte schickte Russland Rettungskräfte nach Japan.

Auch China und Südkorea flogen Helfer in das Erdbebengebiet. Seoul und Moskau versprachen Tokio zudem, Flüssiggas zu schicken. China hat selbst immer wieder mit Erschütterungen zu kämpfen; erst vorige Woche starben 25 Menschen bei einem Beben im Südwesten. Nach dem Tsunami in Japan ließ die chinesische Regierung alle Küstenstädte untersuchen, erklärte aber, dass diese von dem radioaktiven Leck in Japan nicht betroffen seien.

Trotz der drohenden Nuklearkatastrophe in Japan will Peking seine Atompolitik fortsetzen. "Einige Lehren werden wir aus Japan ziehen und für unsere künftigen Kernkraftwerke in Betracht ziehen", sagte der Vizeminister für den Umweltschutz, Zhang Lijun. "Aber wir werden weitere Atommeiler bauen." Bis 2015 will China die Kapazität seiner Atomenergie um 40 Millionen Kilowattstunden erweitern.

© SZ vom 14.03.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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