Dabei haben mehrere wissenschaftliche Untersuchungen gezeigt, dass Nashornpulver keine medizinische Wirkung hat. Es besteht aus Keratin, dem gleichen Material wie Haare und Nägel. "Fingernägelkauen dürfte die gleiche Wirkung haben", sagte Arne Schiotz vom WWF in einem Interview. Doch der Glaube ans Horn ist in Asien unerschütterlich.
Noch übersteigt die Wilderei die Fortpflanzungsrate der Tiere nicht. Dennoch sind Wissenschaftler und Naturschützer alarmiert. Der asiatische Markt ist riesig, und sollte die Nachfrage weiter steigen, sind die beiden Nashornarten ernsthaft gefährdet. Der Schutz der Dickhäuter ist schwierig. "Die Gebiete, in denen die Tiere leben, sind so weitläufig, dass man nicht immer zur richtigen Zeit am richtigen Ort sein kann", sagt Wouter van Hoven, Professor für Wildtiermanagement an der Universität Pretoria.
Zwei Drittel aller gewilderten Nashörner werden im Krüger-Nationalpark gefunden; hier leben auch mit Abstand die meisten Rhinozerosse. 400 Ranger bewachen den Park, aber angesichts seiner Größe - er ist fast so groß wie Hessen - ist das kein leichtes Unterfangen. In einigen Fällen wurde zudem bekannt, dass Parkmitarbeiter die Nashorn-Wilderei zumindest erleichtert haben. "Es ist so viel Geld im Spiel, die Versuchung muss riesig sein", sagt Flamand.
Das Umweltministerium von Südafrika hat 2010 eine Wildtier-Schutzeinheit (National Wildlife Crime Reaction Unit) ins Leben gerufen, die eng mit der Polizei zusammenarbeitet. Bislang wurden 127 Wilderer verhaftet und 20 sogar erschossen. Die eigentlichen Drahtzieher kommen aber meist unbehelligt davon.
Das könnte sich in Zukunft ändern. Vor einigen Wochen erhielt der Krügerpark von der Tierärztlichen Fakultät der Universität Pretoria die notwendige Ausrüstung, um Erbgut-Proben von den Tieren zu nehmen. Eine Datenbank soll die Nashorn-DNS speichern. Anhand der Proben können Experten aufgefundene Hörner den entsprechenden Kadavern zuordnen; das soll die Aufklärungsrate der Verbrechen verbessern.
Viele Nashörner in Südafrika, aber auch in Kenia und Tansania, bekamen zudem Mikrochips in die Hörner eingesetzt. Auf diese Weise lässt sich über GPS die Position der Tiere am Computer oder Handy verfolgen. Verlässt der Chip im Horn ein festgelegtes Gebiet, schlägt das System Alarm. Ein solchermaßen markiertes Horn lässt sich theoretisch auch über Ländergrenzen hinweg verfolgen.
Auch Ed Hern hat seine Nashörner mit einem Chip ausgestattet und DNS-Proben abgegeben. "Aber was bringt es mir, wenn ich per Satellit verfolgen kann, dass das Horn eines meiner Tiere gerade auf dem Weg nach China ist?", fragt Hern. Er und einige seiner Kollegen setzen zusätzlich auf Vorbeugung. Sie haben manchen ihrer Rhinozerosse das Horn abnehmen lassen. Diese Methode mindert allerdings den Wert eines lebenden Nashorns erheblich, da es dann für Safari-Touristen weniger attraktiv ist.
Wie viele andere private Tierparkbesitzer und Wissenschaftler sieht auch Hern die Lösung des Problems in der Legalisierung des Hornhandels. Wird die Nachfrage legal bedient, werde dem illegalen Handel der Boden entzogen, so die Theorie.
China hat in den vergangenen fünf Jahren rund 150 Nashörner aus Südafrika importiert - zur Errichtung eines Safariparks, wie es offiziell heißt. Doch die Hinweise häufen sich, dass China Nashörner züchten will, um ihr Horn zu ernten. Dieses wächst, wie Haare und Fingernägel beim Menschen, kontinuierlich nach - bis zu zehn Zentimeter pro Jahr.
Dem amerikanischen Time Magazin zufolge meldete China im Juni vergangenen Jahres ein Patent an für ein Horn-Abschabe-Gerät, das am lebenden Tier zum Einsatz kommen soll. Das wäre illegal, da die Tiere unter Artenschutz stehen und damit auch der Handel mit ihren Produkten verboten ist.
Der Wissenschaftler van Hoven ist überzeugt, dass Nashornfarmen die Wilderei reduzieren würden: "Wenn ein Heiler in China Nashornpulver direkt von einer Nashornfarm bestellen kann, muss er nicht mehr mit Wilderern und Schmugglern verhandeln, die den Preis hochtreiben." WWF-Experte Flamand aber ist anderer Ansicht: "Die Horn-Freigabe könnte den Handel und die Wilderei erst richtig antreiben." Die Handelsfreigabe von 107 Tonnen Elfenbein im Jahr 2008 hat die Elefanten-Wilderei weiter verstärkt.
Im staatlichen Krüger-Nationalpark patrouilliert neuerdings eine Militäreinheit entlang der etwa 300 Kilometer langen Grenze zu den Nachbarstaaten Simbabwe und Mosambik. Die Wildereirate ging in den Monaten Juni und Juli merklich zurück. "Nun werden die Wilderer auf die privaten Naturreservate ausweichen, und uns hilft kein Militär", sagt Hern, während er mit dem Feldstecher nach weiteren Nashörnern sucht.
Der Parkbesitzer gibt deswegen 3000 Euro pro Monat für bewaffnete Wachleute aus. Bei Sonnenuntergang machen sie die Nashörner im Park ausfindig und folgen vor allem den Kühen mit ihren Jungen auf Schritt und Tritt durch die Nacht.