Archäologie:Verborgene Schätze

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Ein Nachbau des Schiffswracks, das 1999 vor der Insel Poel aus der Ostsee geborgen wurde. (Foto: dpa/dpaweb)
  • Experten der Wissenschaftsakademie Leopoldina fordern, archäologische Spuren auf dem Grund von Nord- und Ostsee besser zu schützen.
  • Kiesabbau, Windkraftanlagen oder Fischerei könnten zunehmend alte Kulturlandschaften bedrohen.
  • Deutschland solle endlich das UN-Abkommen zum Schutz des Unterwasser-Kulturerbes ratifizieren.

Von Hubert Filser

Wer an den Stränden der Nord- oder Ostsee steht, sieht nichts von den Schiffswracks, die einst in die Tiefen sanken. Unsichtbar bleiben auch die Besiedlungsspuren aus urgeschichtlichen Zeiten, als zwischen dem Kontinent und Großbritannien eine Landverbindung bestand. Und doch, es gibt diese Spuren. Der Meeresboden von Nord- und Ostsee ist ein faszinierendes Archiv der Menschheitsgeschichte. Er erzählt ebenso viel über die Geschichte Europas wie archäologische Funde an Land.

Allerdings ist das Kulturerbe am Meeresgrund bislang unzureichend geschützt, schreiben Experten nun in einem Diskussionspapier, das die Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina veröffentlicht hat. Unter dem Titel "Spuren unter Wasser - Das kulturelle Erbe in Nord- und Ostsee erforschen und schützen" weisen sie auf die Bedeutung der Kulturgüter für die archäologische Forschung hin. Zunehmende industrielle Aktivitäten wie Kies- und Sandabbau, Windkraftanlagen, Verlegung von Kabeln oder Gasleitungen und Fischerei, bedrohen jedoch die alten Kulturlandschaften. Archäologische Spuren könnten für immer verloren gehen. Mit ihrem Diskussionspapier wollen die Fachleute die Öffentlichkeit für die Bedrohung des kulturellen Erbes in Nord- und Ostsee daher sensibilisieren. Die kulturgeschichtlichen Spuren unter Wasser seien in Deutschland viel weniger gut erschlossen als die an Land.

Eine Fachbehörde soll aktiv werden, wenn am Meeresgrund eine Siedlung entdeckt wird

Das Papier formuliert entsprechend zwei Kernziele. Erstens soll Deutschland die archäologischen Spuren im Ozean auf dem gleichen wissenschaftlichen Niveau erforschen wie jene an Land. Zweitens müssten in den deutschen Hoheitsgebieten genauso effektive Schutzmechanismen etabliert werden, wie sie an Land in Deutschland bereits seit Langem vorhanden sind. Für eine detaillierte Erforschung des Meeresbodens sollte das junge Gebiet der Unterwasserarchäologie ausgebaut und finanziell gestärkt werden. Wichtig sei zudem, mit Unternehmen eng zusammenzuarbeiten, um zufällige Funde fachgerecht zu sichern. Das Diskussionspapier weist schließlich mit Nachdruck darauf hin, dass Deutschland das Übereinkommen der Vereinten Nationen zum Schutz des Unterwasser-Kulturerbes von 2001 immer noch nicht ratifiziert hat. Es sei auch notwendig, eine Fachbehörde einzurichten. Sie würde immer dann aktiv, wenn irgendwo am Meeresgrund ein Schiffswrack entdeckt wird oder Hinweise auf versunkene Welten unter dem Sand auftauchen - ein Mammutzahn vielleicht, oder gar eine uralte Siedlung.

© SZ vom 10.12.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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