Antibiotika in der Massentierhaltung:Hühner im Saustall

Das Hühnerfleisch, das in deutschen Supermarktregalen liegt, ist oft ekelerregend und gesundheitsgefährdend. Im zuständigen Verbraucherschutzministerium kennt man das Problem seit längerem. Doch bislang wurde so gut wie nichts dagegen unternommen - und das ist der eigentliche Skandal.

Silvia Liebrich

Es ist ekelerregend und zum Teil lebensgefährlich, was da in den Supermarktregalen liegt: Hühnerfleisch, hochgradig mit Keimen belastet. Im zuständigen Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz kennt man das Problem seit längerem. Doch bislang wurde so gut wie nichts dagegen unternommen - und das ist der eigentliche Skandal.

Hühner im Stall: Die Massentierhaltung in Deutschland ist wegen des hohen Medikamenteneinsatzes stark unter Beschuss geraten. (Foto: Patrick Pleul/dpa)

Dabei hat Ministerin Ilse Aigner ein hartes Durchgreifen versprochen. Mit schärferen Gesetzen wollte sie den Missbrauch von Antibiotika in der Massentierhaltung eindämmen. Doch der Gesetzentwurf, den sie diese Woche vorlegen will, enthält vor allem eines: viel heiße Luft. Die aber wird nicht ausreichen, um die Ursachen des massiven Einsatzes von Antibiotika in den Ställen zu bekämpfen.

Denn dafür müsste sich Aigner nicht nur mit Viehhaltern und Veterinären anlegen, sondern auch mit einer mächtigen Pharmaindustrie, die mit Tiermedizin Milliardengewinne schöpft - ein lukratives Geschäft, das kaum staatlichen Kontrollen unterliegt. Diese wären jedoch dringend notwendig.

Zwischen Viehhaltern, Tierärzten und Pharmafirmen besteht eine gefährliche Abhängigkeit, etwa in Form eines Rabattsystems, das diejenigen belohnt, die am meisten Medikamente verfüttern, und nicht diejenigen, die sie verantwortungsvoll einsetzen. Ohne die hohe Dosierung von Antibiotika würden viele Tiere die brutale Haltung nicht lange überleben.

Wer diese Missstände beseitigen will, kommt nicht umhin, das gesamte System der Massentierhaltung in Frage zu stellen. In Aigners Reformplänen ist von alledem nicht die Rede. Die Verbraucher sollten sich mit dieser Mogelpackung nicht abspeisen lassen.

© SZ vom 10.01.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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