Zweitgrößte Volkswirtschaft:Chinas Wachstum schrumpft

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Viele wollten glauben, dass Chinas Wirtschaft ewig so weiterwächst. Sie werden enttäuscht: Das Wachstum ist zu Beginn des Jahres auf 7,7 Prozent gesunken. Die Schulden der Chinesen machen mittlerweile auch der Weltbank Sorgen.

Westliche Nationen haben lange neidisch auf die chinesischen Wachstumsraten geschaut. Doch der Boom gerät ins Stocken. "Nach 30 Jahren starken Wachstums sind wir nun in einer Zeit der Veränderung", gab ein chinesischer Regierungssprecher bereits im November vergangenen Jahres zu. Mit hohen Staatsinvestitionen und niedrigen Zinsen hatte die Führung einen Absturz in der Weltfinanzkrise verhindert. Doch die daraus folgende hohe Inflation hat die Behörden dazu gebracht, bereits vor dem offiziellen Machtwechsel im März die Strategie zu ändern: Das Wachstum soll kontrolliert gebremst werden.

Somit kann die Regierung unter Präsident Xi Jinping zufrieden über die aktuelle Meldung sein: In den ersten drei Monaten 2013 betrug das Wachstum im Vergleich zum Vorjahreszeitraum 7,7 Prozent, teilte das Statistikamt in Peking mit. Das übertraf damit die Regierungsvorgabe von 7,5 Prozent. Auch wenn es immer wieder Zweifel an der Verlässlichkeit der Zahlen gibt, glauben doch auch im Westen viele an ihre Aussagekraft. Und dort ist man besorgt. Experten hatten eigentlich einen weiteren Anstieg zum Anfang dieses Jahres vorausgesagt. Das Wall Street Journal ging ursprünglich von acht Prozent aus. Im vierten Quartal 2012 hatte das Wachstum noch bei 7,9 Prozent gelegen.

Besonders die schleppende Industrieproduktion und ein schwächerer Einzelhandel dämpften nun den Zuwachs der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt. Der Anstieg der Industrieproduktion fiel um 2,1 Prozentpunkte auf 9,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Das Wachstum der Einzelhandelsumsätze ging sogar um 2,4 Prozentpunkte zurück auf nun 12,4 Prozent. Die Zahlen für den Einzelhandel gelten als wichtiger Indikator für die Konsumausgaben in China.

Weltbank besorgt

Die Financial Times erklärt das schwache Wachstum damit, dass viele Projekte bereits abgeschlossen seien, die das Wachstum in den vergangenen Jahren getrieben hätten: China habe ein "beeindruckendes Netz aus Autobahnen, Flughäfen und Hochgeschwindigkeitsgleisen" gebaut. Außerdem schreibt die Zeitung, die Regierung bekämpfe derzeit das Entstehen einer Blase auf dem boomenden Immobilienmarkt.

Den schwachen Einzelhandel führt die Zeitung auch auf den Kampf gegen den ausschweifenden Lebensstil von einigen Staatsbeamten zurück. Im Oktober 2012 wurde öffentlich, dass Parteikader, darunter auch die Familie von Xi Jinpings Vorgänger Wen Jiabao Milliarden Dollar durch Vetternwirtschaft und Korruption beiseitegeschafft haben sollen. Die Regierung versucht seitdem, den hemmungslosen Konsum von Statussymbolen durch die Elite einzudämmen, um den Ärger der Bevölkerung zu dämpfen.

Die Börsen in Asien gerieten wegen des schlechten Jahresauftakts unter Druck. "Wir haben Verkäufe auf breiter Front, weil die Investoren die Erholung etwas skeptischer beurteilen", sagte Stan Shamu, Marktstratege bei IG Markets in Sydney. Der MSCI-Index für die asiatischen Märkte außerhalb Japans gab deutlich nach.

Die Weltbank sorgt sich um die Nachhaltigkeit des chinesischen Aufschwungs. So kletterten die Schulden des Staats binnen fünf Jahren von 19,6 auf 22,2 Prozent des BIP, die der Unternehmen aus der Realwirtschaft sogar von 113,6 auf 126,4 Prozent, die der privaten Haushalte um mehr als zehn Punkte auf 29,2 Prozent. "Die Summe übertrifft nun die Marke von 150 Prozent des BIP", warnte die Weltbank.

© Süddeutsche.de/dpa/afp/anri - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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