Zurückgetretener Oracle-CEO Larry Ellison:Er macht, was er will

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Lässt Kongressbesucher gern stundenlang warten - oder erscheint erst gar nicht: Oracle-Gründer und exzentrischer Milliardär Larry Ellison. (Foto: AFP)

Fünftreichster Mensch der Welt, Yacht-Liebhaber, Exzentriker: Larry Ellison hat den Software-Konzern Oracle gegründet und kümmert sich nicht darum, was andere über ihn denken. Jetzt tritt er als Chef seines Unternehmens zurück. In Rente geht er jedoch nicht.

Von Jürgen Schmieder, Los Angeles

Am 22. September vergangenen Jahres warteten mehr als 1000 Menschen im Kongresszentrum von San Francisco auf Larry Ellison. Sie hatten jeweils mehr als 2500 US-Dollar dafür bezahlt, um an der Konferenz "Oracle Open World" teilnehmen zu dürfen und den Weisheiten des Oracle-Gründers zu lauschen. Sie warteten fast eine Stunde, dann hieß es, dass Ellison nicht kommen würde. Er saß lieber in der Bucht von Alcatraz und sah Hightech-Katamaranen bei der Wettfahrt um den legendären "America's Cup" zu.

Eine Anekdote über einen arroganten Milliardär, gewiss, und doch verdeutlicht sie, wie dieser Mensch tickt: Er macht, was er will - und schert sich nicht darum, was andere Menschen darüber denken.

Nun hat er im Alter von 70 Jahren beschlossen, dass er nicht mehr Chef des US-Softwarekonzerns und SAP-Rivalen Oracle sein möchte - jenem Unternehmen, das er im Jahr 1977 gegründet und seitdem geleitet hat. Das Tagesgeschäft sollen die Vizepräsidenten Mark Hurd und Safra Catz übernehmen, beide herausragende Kaufleute, denen jedoch technologisches Gespür und visionäre Gedanken fehlen. Ellison bleibt deshalb als Technologiechef an Bord. Bei einem Gespräch mit Analysten sagte er am Donnerstag: "Ich werde weiterhin das tun, was ich in den vergangenen Jahren gemacht habe. Wir drei haben schon lange gut zusammen gearbeitet und werden das auch in der vorhersehbaren Zukunft tun."

Kein richtiger Rückzug

Es ist also kein wirklicher Rückzug, Bill Hostman von der Analysefirma Gartner etwa sagt: "Die Geschäftsführer werden weiterhin an ihn berichten, die Produktsparte wird weiterhin an ihn berichten. Er zieht sich aus den täglichen Betrieb zurück, aber macht das wirklich einen Unterschied?" Der Aktienkurs jedenfalls gab nach der Ankündigung gerade einmal zwei Prozent nach - womöglich auch deshalb, weil Oracle am Donnerstag bei den Quartalszahlen knapp unter den Erwartungen blieb: Das Unternehmen nahm 8,6 Milliarden Dollar ein und verzeichnete einen Gewinn von 2,2 Milliarden.

Es heißt auch, dass Oracle Probleme habe, ein konkurrenzfähiges Cloud-Computing-Produkt zu präsentieren. Und, was Ellison gehörig nervt: Vor allem SAP, der stete Rivale, scheint hier derzeit einen Vorsprung zu haben (siehe nebenstehenden Artikel). Zu SAP-Mitgründer Hasso Plattner - ebenfalls ein Freund des Segelsports - pflegt Ellison eine innige Feindschaft, und einst lästerte er über den damaligen SAP-Chef Léo Apotheker: "Gebt mir den Namen von dem Apotheker, die müssen auf Drogen sein."

Ellison war der dienstälteste Geschäftsführer im Silicon Valley, er gehört noch einer Generation an, die nicht andauernd davon schwafelt, die Welt verändern zu wollen, von ihm hört man Sätze wie: "Ich bin süchtig nach Siegen. Je mehr ich gewinne, desto mehr will ich gewinnen." Er will Geld verdienen, mittlerweile liegt sein Vermögen bei 51,3 Milliarden Dollar, er ist der fünfreichste Mensch der Welt.

Im vergangenen Jahr rebellierten die Aktionäre bereits zum zweiten Mal gegen die außerordentliche Bezahlung von Ellison. Die Folgen? Keine. Ellison bekam dennoch ein Aktienpaket im Wert von 78,4 Millionen Dollar und verdiente damit mehr als doppelt so viel wie Bob Iger von Disney, die Nummer zwei auf der Liste der bestbezahlten Geschäftsführer der USA.

Er ist ein Exzentriker, dieser Larry Ellison, der sich für 300 Millionen Dollar die hawaiianische Insel Lanai kaufte oder immer wieder die größte Jacht der Welt. Außerdem hat er sein Geld in japanische Gärten, schnelle Autos und Abfindungen von vier Ehefrauen investiert.

Es lohnt zudem, diese Anekdote von der verpassten Rede vollständig zu erzählen. Er wollte mal wieder gewinnen, ach was: Er wollte die Welt des Segelns beherrschen - der Gewinner des "America's Cup", der größten und teuersten Regatta der Welt, darf nämlich über die Regeln der nächsten Veranstaltung bestimmen. Das ist einmalig im Sport und wie gemacht für einen wie Ellison.

Der America's Cup nach seinen Regeln - zunächst ein Flop

Für eine Teilnahme musste er einen Verein repräsentieren. Der snobistische Segelclub St. Francis rümpfte vor 16 Jahren empört die Nase über diesen neureichen Schnösel, der als einfacher Programmierer begonnen hatte, also ging Ellison 300 Meter weiter zum Arbeiterverein Golden Gate Yacht Club. Der willigte ein - 2010 gewann Ellison erstmals den Pokal. Damit aber ging es für ihn erst los, er plante ein gigantisches Spektakel: Die Boote sollten mit 44 Knoten an der Golden Gate Bridge, Alcatraz und Treasure Island vorbeisausen, während die Menschen an Land den Philharmonikern von San Francisco lauschen.

Die Veranstaltung wurde zunächst Flop für Ellison: Es kamen kaum Zuschauer an die Piers, das amerikanische Team lag aussichtslos gegen Neuseeland zurück. Auf der vermeintlichen Siegesfahrt jedoch wurde der Kiwi-Katamaran gestoppt wegen Überschreiten des Zeitlimits - und die Amerikaner schafften eines der spektakulärsten Comebacks der Sportgeschichte.

Zum letzten Duell kamen mehr als 100 000 Zuschauer, die Einschaltquoten waren formidabel - und Ellison durfte sich aufgrund der grandiosen TV-Übertragungen auch noch als Visionär feiern lassen, der diesen Sport zukunftstauglich gemacht hat. Dass die Stadt San Francisco am Ende einen Verlust von 11,5 Millionen Dollar machte, war Ellison egal.

Guter Freund Steve Jobs

Den gleichen Siegeswillen zeigt er auch bei Oracle: Das Geschäft mit Datenbanken für Unternehmen vergrößerte er rasch - auch durch milliardenschwere Übernahmen. Er hat Entwicklungen der Technologie-Branche vorhergesehen und damit Konkurrenten auf Distanz gehalten, die er auch gerne verbal attackierte.

Als Hewlett-Packard im Jahr 2010 Mark Hurd - der nun sein Nachfolger bei Oracle wird - wegen einer delikaten Affäre entließ, verpflichtete Ellison seinen Freund sogleich und sagte: "Der HP-Vorstand hat soeben die schlechteste Personalentscheidung getroffen, seit die Idioten vom Apple-Vorstand Steve Jobs gefeuert haben."

Auch mit Jobs war Ellison eng befreundet, noch wenige Tage vor dem Tod des Apple-Gründers gingen die beiden miteinander spazieren. Bei manchen Menschen interessiert es Ellison doch, was sie von ihm denken.

© SZ vom 20.09.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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